Schulreform: Experte fordert Ende der "Pseudogleichmacherei"
Ein Ende der "Pseudogleichmacherei" in der heimischen Bildungspolitik erwartet sich der Leiter des Bildungsreferats der Ordensgemeinschaften Österreich, Rudolf Luftensteiner, von der kommenden Regierung. "Wer meint, soziale Spannungen in der Gesellschaft dadurch abzubauen, dass man alle Kinder durch das gleiche Schulsystem schickt, macht die Gesellschaft nur noch ungerechter", so Luftensteiner am Mittwoch im "Kathpress"-Interview. Das würden Studien in anderen Ländern eindeutig belegen. Die kommende Regierung sollte die Differenzierung endlich wieder ernst nehmen, forderte Luftensteiner.
Zugleich sollten die Lehrer wieder stärker wertgeschätzt werden. Die Schule stehe und falle mit guten Pädagogen. Die Lehrer sollte beispielsweise wieder mehr Zeit bekommen, um direkt mit den Kindern zu arbeiten. Die letzten "Reförmchen" hätten hingegen vor allem einen "irrsinnigen Verwaltungsaufwand" mit sich gebracht, kritisierte der Schulexperte. Zudem bräuchten die Pädagogen mehr Unterstützung für neue Aufgaben; wenn es etwa sehr viele Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache in einer Klasse gibt.
Ganz grundsätzlich sollte jede Reform von Anfang an mit jenen Personen erarbeitet werden, die tatsächlich vor Ort arbeiten und deshalb auch die wirklichen Experten sind - mit den Lehrer, forderte Luftensteiner. Und er fügte hinzu, dass es nicht notwendig sei, dass sich jeder neue Bildungsminister mit einer vermeintlich großen Reform einen Namen macht. Das Bildungssystem brauche ganz im Gegenteil mehr Ruhe.
Auf die katholischen Privatschulen angesprochen berichtete Luftensteiner, dass sich der Trend der letzten Zeit fortsetze: Die Schülerzahlen seien leicht im Steigen, noch würden aber keine definitiven Zahlen für das Schuljahr 2017/18 vorliegen. Um sozialen Ungerechtigkeiten vorzubeugen, würden die katholischen Schulen zum einen versuchen, das Schulgeld möglichst gering zu halten und zum anderen auch teilweise Freiplätze zur Verfügung stellen. Besonders wichtig sei auch eine qualitativ hochwertige Ganztagesbetreuung. Nicht immer gelinge freilich dieser soziale Ansatz, räumte Luftensteiner ein. Die Privatschulen seien schließlich auf Einnahmen angewiesen. Der Staat würde nur die Lehrer bezahlen, für alle weiteren Aufwendungen seine die Schulerhalter zuständig.
Auf die vielen Flüchtlingskinder in den Ordensschulen angesprochen meinte Luftensteiner, dass ein großer Teil von ihnen inzwischen sehr gut in die Schulen integriert sei und auch oftmals gute Lernerfolge hätte. Das größte Probleme sei derzeit, dass solche Kinder und Jugendliche plötzlich abgeschoben werden. Das sei für alle Beteiligten sehr demoralisierend.
Luftensteiner äußerte sich am Rande der Herbsttagung der heimischen Ordensgemeinschaften in wien-Lainz. Am Mittwoch fand traditionell der Schultag statt, zu dem Verantwortliche der Ordensschulen aus ganz Österreich ins Kardinal König-Haus gekommen waren.
Mehr als 50.000 Schülerinnen und Schüler besuchen in Österreich eine Ordensschule. Dazu kommen nochmals mehr als 22.000 Kinder, die eine kirchliche Schule in Trägerschaft der Diözesen besuchen. - Macht in Summe also gut 72.000 Schüler in katholischen Privatschulen.
Quelle: kathpress