Eisenstadt: "Wie Hl. Martin Blick für Menschen am Rande haben"
Bei einem Pontifikalamt im Eisenstädter Martinsdom zum (burgenländischen) Landespatronsfest St. Martin von Tours am Samstag hat der Salzburger Weihbischof Hansjörg Hofer das heutige "Gesicht" des Bettlers am Stadtrand, mit dem Martin den Mantel teilte, beschrieben. "Der Bettler am Stadtrand von Amiens begegnet uns heute mit ganz unterschiedlichen Gesichtern: als Menschen auf der Flucht; als Christen, die um ihres Glaubens willen Haus und Hof und ihre Heimat verlassen müssen; als alleinerziehende Mütter, als vernachlässigte Kinder, als Langzeitarbeitslose, als Sucht- und Drogenabhängige, als Notstandsempfänger, als Armutsgefährdete, als psychisch Leidende", so Hofer.
Je bewusster Gläubige auf das Leben des heiligen Martin schauten, "desto deutlicher werden wir erkennen, wie wir all diesen Menschen am besten und zielführendsten helfen können. Denn 'Liebe ist nicht nur ein Wort, Liebe das sind Worte und Taten', heißt es in einem Lied", betonte der Weihbischof.
Der Festtag des Diözesan- und Landespatrons, der im 4. Jahrhundert lebte und aus der römischen Provinz Pannonien stammte, ist eines der Highlights im Kirchenjahr des Burgenlandes. Bereits am Freitag wurde im Eisenstädter Haus St. Martin der Festreigen mit einer Messe mit Vesper eingeläutet. Das Pontifikalamt im Eisenstädter Martinsdom mit Bischof Ägidius Zsifkovics und dem Salzburger Weihbischof Hansjörg Hofer als Festprediger war dann der Höhepunkt. Auch Landeshauptmann Hans Niessl nahm an der Messe teil.
Im Anschluss Festakademie
Im Anschluss stand eine Festakademie auf dem Programm. Anna Hennersperger, Direktorin des Seelsorgeamtes der Diözese Gurk-Klagenfurt, hielt laut Vorschau den Festvortrag. Der Festreigen endet am Sonntag in der Michaelerkirche in Wien mit einer Martinifeier der Burgenländer in Wien.
Weihbischof Hofer erinnerte in der Predigt am Samstag, dass Martin von Tours laut Legende in der Nacht nach dem Mantelerlebnis Christus erblickt habe. Diesem Christus habe er dann auch sein ganzes Leben lang in Treue gedient. "Ohne eine starke, persönliche und herzhafte Beziehung zu Christus wäre der Glaube nur eine Fassade, die über kurz oder lang wie ein Kartenhaus zusammenbrechen würde", so der Bischof.
Martin sei "sicher ein Vollzeit-Christ" gewesen, sagte Hofer unter Zitierung eines Wortes von Papst Franziskus: "Das Leben eines Teilzeit-Christen war Martin fremd." Dabei komme es auf eine tragfähige Gottesbeziehung an, und sie sei auch "die eigentliche Kraft und Triebfeder für eine echte Reform in der Kirche".
Bischof Hofer wörtlich: "Oft werde ich gefragt, wie es meiner Meinung nach mit unserer Kirche weitergeht. Da antworte ich immer voller Überzeugung: Es wird ganz sicher mit der Kirche gut weitergehen, aber es wird anders weitergehen. Wie allerdings dieses 'anders' ausschaut, lässt sich heute noch nicht klar definieren. Deswegen löst der Blick in die Zukunft bei manchen auch gewisse Ängste und Unsicherheiten aus."
Dank äußerte Hofer für die Hilfe des Landes und der burgenländischen Kirche bei der Flüchtlingslogistik 1995. "Diese ganz konkrete, tatkräftige Liebe habt ihr im Burgenland und in der Diözese Eisenstadt am Höhepunkt der Fluchtbewegung sehr deutlich und glaubhaft unter Beweis gestellt zum Wohle so vieler Hilfesuchender und zur Ehre des heiligen Martin, eures mächtigen Landes- und Diözesanpatrons, der ein echter 'Mystiker der Tat' gewesen ist."
Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics veröffentlichte zum Martinsfest ein Hirtenwort. Darin erwähnte er im Blick auf "100 Jahre Oktoberrevolution" die "gottlosen politischen Systeme des 20. Jahrhunderts", in denen sich die Gottvergessenheit gezeigt habe. Heute warne Papst Franziskus allerdings vor einer "kapitalistischen Welt, in der Gott zwar höflich, aber deshalb nicht weniger radikal verdunkelt und vergessen wird". Es sei eine Welt, "in der Freundlichkeit an die Stelle von echter Caritas tritt, Zufriedenheit an die Stelle von Hoffnung, und Wissen an die Stelle von Glauben", so Zsifkovics.
Einen Gegenpol dazu bildet laut Zsifkovics der heilige Martin. Das Teilen seines Mantels durch den frühchristlichen Heiligen sei bis heute ein symbolischer Akt der Nächstenliebe und Vorbild für die Kirche.
Zsifkovics dankte in seinem Schreiben auch den neu gewählten Pfarrgemeinderäten. Sie hätten mit ihrer Bereitschaft, Verantwortung in der Pfarrgemeinde zu übernehmen, "Ja gesagt zu einer vertieften Form der christlichen Berufung".
Quelle: kathpress