Papst Franziskus verurteilt Atomwaffen scharf
Papst Franziskus hat nicht nur die Drohung mit Atomwaffen sondern allein ihren Besitz scharf verurteilt. "Wenn man allein an die Gefahr einer versehentlichen Explosion als Folge irgendeines Fehlers oder Missverständnisses denkt, sind die Drohung mit Atomwaffen wie schon ihr Besitz mit Nachdruck zu verurteilen", sagte er am Freitag im Vatikan. Der Papst sprach bei einem Empfang für die Teilnehmer einer internationalen Abrüstungskonferenz, die bis Samstag im Vatikan stattfindet.
Der jüngste UN-Atomwaffenverbotsvertrag, dem 122 Staaten am 7. Juli in New York zustimmten, habe eine wichtige rechtliche Lücke geschlossen, so der Papst. Demnach wären Nuklearwaffen ebenso illegal wie Streubomben, Landminen oder B- und C-Waffen. Der Papst dankte der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN), die sich für das Verbot einsetzte und dafür den diesjährigen Friedensnobelpreis erhält. Der Vertrag ist noch nicht in Kraft, weil ihn noch nicht ausreichend viele Staaten unterzeichnet haben. Der Abkommen gilt zudem nur die unterzeichnenden Staaten, was die neun Atommächte bisher ebenso ablehnen wie die Mitgliedsländer der Nato.
Zugleich kritisierte Franziskus das fortdauernde Wettrüsten insgesamt. Die Weiterentwicklung von Waffen verursache hohe Kosten, die fehlten, um "die wirklich wichtigen Herausforderungen der Menschheit anzugehen: den Kampf gegen Armut, die Förderung des Friedens sowie die unzähligen notwendigen Projekte für Bildung, Gesundheit, Umweltschutz und Menschenrechte".
Mit Verweis auf seinen Vorgänger Johannes XXIII. (1958-63) warnte Franziskus davor, eine friedlichere Welt allein durch politische und wirtschaftliche Maßnahmen schaffen zu wollen. In seiner Friedensezyklila "Pacem in terris" von 1963 habe Johannes XXIII. geschrieben, dass "wirksame Abrüstung oder - erst recht - die völlige Beseitigung der Waffen so gut wie unmöglich sind, wenn dieser Abschied von den Waffen nicht allseitig ist und auch die Gesinnung erfasst".
Die seit Freitag laufende Vatikankonferenz "für eine atomwaffenfreie Welt und integrale Abrüstung" ist das erste internationale Treffen zu dem Thema seit der Unterzeichnung des Abkommens für ein Atomwaffenverbot Anfang Juli in New York. An dem zweitägigen Symposium nehmen bis Samstag nach Vatikanangaben elf Friedensnobelpreisträger, Spitzenvertreter der Vereinten Nationen und der NATO, Diplomaten aus Russland, USA, Südkorea, dem Iran und auch aus Österreich teil.
Parolin: Hartnäckig an Verbot arbeiten
"Es scheint unrealistisch in diesen Zeiten von nuklearer Abrüstung zu sprechen", hatte der vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin zum Beginn der Konferenz eingeräumt. Gleichwohl müsse umso hartnäckiger für das Atomwaffenverbot gearbeitet werden, warb Parolin für den weltweiten Anti-Atomwaffen-Vertrag. Zusammen mit den bestehenden Verboten zur Verbreitung von Atomwaffen (Nonproliferation) und Atomwaffentests biete es wichtige Schritte zu einer atomwaffenfreien Welt. Diese Sicht bestätigte Isumi Nakamitsu, UN-Vertreterin für Abrüstungsfragen. Das Verbotsabkommen stelle Atomwaffen auf die gleiche Stufe wie biologische und chemische Waffen, so Nakamitsu. Nur müssten eben alle zustimmen.
Parolin wie auch Kardinal Peter Turkson, dessen vatikanische Entwicklungsbehörde die Konferenz organisiert, wiesen auf die immensen Schäden hin, die Nuklearwaffen schon jetzt anrichten, weil sie Ressourcen für friedliche Entwicklungen vernichten. Turkson zitierte den früheren US-Präsidenten Dwight Eisenhower (1890-1969): "Jedes Gewehr, jedes Kriegsschiff, jede Rakete, die gebaut oder gekauft werden, sind ein Diebstahl an denen, die hungern und nichts anzuziehen haben." Parolin erinnerte an Papst Paul VI. (1963-78), der in seinem Rundschreiben "Populorum progressio" von 1967 gefordert habe, die riesigen Summen des Wettrüstens besser zur Bekämpfung des Hungers zu verwenden.
Nobelpreisträger Yunus: "Lage ist ernst"
Ein dritte, mehrfach geäußerte Warnung bezog sich auf die derzeit vorherrschende internationale Rhetorik. "Die Lage ist ernst, wenn Staatsführer über Nukleararsenale sprechen, wie Kinder über ihre Spielzeugwaffen", warnte der Bangladescher Muhammad Yunus, Wirtschaftswissenschaftler und Friedensnobelpreisträger von 2006. Weil sie unterschiedslos alles treffen - Zivilisten, Militärs, Gebäude, Natur - widerspreche jeder Einsatz von Kernwaffen, auch zur Selbstverteidigung, internationalen Menschenrechten, so Francois Bugnion vom Internationalen Roten Kreuz in Genf. "Die Welt braucht derzeit das Versprechen dieses Abkommen mehr denn je."
Bei der Konferenz sprechen noch am Freitag auch Beatrice Fihn, die Direktorin der Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen, die heuer den Friedensnobelpreis erhält, und der Generaldirektor der Internationalen Atomenegiebehörde IAEA, Mohamed El Baradei. Zu den weiteren Rednern zählt neben Friedensnobelpreisträger Adolfo Perez Esquivel und der stellvertretenden NATO-Generalsekretärin Rose Gottemoeller auch der Ständige Vertreter Österreichs bei der UNO in Genf, Botschafter Thomas Hajnoczi. Am Samstag wird die Konferenz u.a. mit Beiträgen des UN-Syrien-Gesandter Staffan de Mistura und der nordirischen Friedensnobelpreisträgerin Mairead Corrigan-Maguire fortgesetzt.
Quelle: kathpress