Weltklimakonferenz in Bonn: "Vom Verhandeln zum Handeln kommen"
Am Montag beginnt in Bonn das Weltklimatreffen. Rund 25.000 Diplomaten, Politiker und Vertreter der Zivilgesellschaft aus allen Ländern der Erde werden bis zum 17. November darüber beraten, wie sich der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur begrenzen lässt. Im Fokus stehen konkrete Maßnahmen zur Anwendung des 2015 vereinbarten Pariser Klimavertrags. In Bonn komme es jetzt "mehr denn je darauf an, dass zum Verhandeln auch das Handeln kommt", fasst Heinz Hödl, Geschäftsführer der Koordinierungsstelle Entwicklung und Mission (KOO) der Österreichischen Bischofskonferenz, im Vorfeld die Erwartungen zusammen: "In Paris haben sich alle Staaten verpflichtet, den von ihnen verursachten CO2-Ausstoß zu reduzieren. Jetzt müssen alle Länder nachvollziehbare Aktivitäten dafür auf den Tisch legen."
Das in der französischen Hauptstadt 2015 beschlossenen Welt-Klima-Abkommen sieht vor, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur im Vergleich zum vorindustriellen Niveau auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen. Dazu sollen alle Staaten nationale klimapolitische Pläne vorlegen, die Nationally Determined Contributions (NDC). Derzeit reichen diese Selbstverpflichtungen bei weitem nicht aus. Bislang brächten die nationalen Selbstverpflichtungen der Vertragsstaaten nur ein Drittel der Emissionsverringerungen, die bis 2030 nötig wären, um die Vorgaben aus dem Pariser Klimavertrag einzuhalten, stellt ein soeben vorgelegter UN-Bericht (UN Emissions Gap Report) fest. Nach bisherigem Stand der Dinge wird darin bis zum Jahr 2100 ein Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um mindestens 3 Grad für "sehr wahrscheinlich" gehalten.
In Bonn wird es deswegen unter anderem darum gehen, wie sich die Klimaziele nachbessern lassen. Auch die EU-Staaten müssten ihre Ziele erhöhen, um dem Pariser Abkommen zu entsprechen, fordert KOO-Experte Hödl. Selbst bei vollständiger Umsetzung aller Zusagen sei die Gefahr katastrophaler Klimakapriolen nicht gebannt. Auch Österreich sei säumig, so Hödl, und zwar "sowohl was die Reduktion der Treibhausgasemissionen angeht, als auch als eines derjenigen Länder, die besonders wenig Unterstützung für Entwicklungsländer gewähren".
Bislang fehlen auch noch konkrete Vorgaben für die allgemeine Umsetzung des Pariser Abkommens. Die Delegierten in Bonn sollen daher ein "Regelbuch" erarbeiten, um etwa sicherzustellen, dass eine Tonne CO2 in einem Land einer Tonne CO2 in einem anderen Land entspricht und dass zugesagte Klimafinanzierung auch tatsächlich fließt. Geplant ist, dieses "Regelbuch" auf dem kommenden Klimagipfel 2018 im polnischen Kattowitz zu verabschieden.
Bonn ist auch das erste Weltklimatreffen nach der Ankündigung der USA, aus dem Pariser Vertrag wieder auszusteigen. Das ist rein rechtlich zwar frühestens 2020 möglich. Aber trotzdem wird der Auftritt der US-Delegation mit Spannung erwartet. Mit Blick auf positive Beiträge im Kampf gegen den Klimawandel werden andere Länder im Fokus stehen. Indien beispielsweise oder China, wo sich nach Ansicht von Experten allerhand in Sachen Klimaschutz tut. Andere Staaten wiederum, wie die Türkei und Indonesien aber auch Länder in Afrika wollen dagegen die klimaschädliche Kohleenergie ausbauen.
Fix ist, dass es in den langwierigen Verhandlungen bei der Mammutkonferenz in Bonn um viel Geld gehen wird. Um Investitionen in den Klimaschutz, Hilfen der Industriestaaten - und größten CO2-Sünder - für die ärmeren Länder. Und um finanzielle Unterstützung im Kampf gegen die bereits eingetretenen Folgen des Klimawandels. Die sind jetzt schon spürbar: vom Schmelzen der Gletscher bis zu Dürren in Afrika.
Gerade kleinere Inselstaaten wie die Republik Fidschi, die neben Deutschland als "technischem Gastgeber" der eigentliche Leiter des diesjährigen Klima-Gipfels ist, drücken aufs Tempo. Ihnen steht das Wasser schon jetzt bis zum Hals. Die jetzt schon spürbaren Folgen der Erderwärmung seien wie eine "tickende Zeitbombe", umschrieb es unlängst der Präsident von Palau, Tommy Esang Remengesau Jr.
"Anpassung" lautet das Gebot der Stunde. Aber was tun, wenn selbst vorbeugende Maßnahmen nicht mehr helfen und Menschen etwa aufgrund steigender Meerespegel ihre Städte und Dörfer für immer verlassen müssen? "Das ist eine heikle Frage, um die es ebenfalls in Bonn gehen wird", sagte Klimaexpertin Anika Schröder vom deutschen katholischen Hilfswerk Misereor im Vorfeld.
Den bereits sichtbaren Folgen der Klimaveränderung und dem Klimaschutz wird in Bonn auch in Workshops, Seminaren und Vorträgen nachgegangen. Ebenso stehen Gottesdienste und weitere spirituelle Angebote allen Beteiligten an der Weltklimakonferenz offen.
Quelle: kathpress