Kirchen: Künftige Regierung am Umgang mit den Schwächsten messen
Eine verantwortungsvolle Politik mit Weitblick, damit arme Menschen, Pflegebedürftige und Asylberechtigte nicht auf der Strecke bleiben, wünschen sich Vertreter der kirchlichen Laienorganisationen und Hilfswerke von der künftigen österreichischen Bundesregierung. Notwendig sei "Solidarität mit allen Menschen, die in Not sind", fasste der Wiener griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios Kardamakis am Sonntag im ORF-TV-Religionsmagazin "Orientierung" zusammen. Und auch Caritas-Präsident Michael Landau sagte, die Kirchen würden jede künftige Bundesregierung daran messen, "wie sie mit den Schwächsten umgeht". Gerechtigkeit in einer Gesellschaft nehme "entscheidend daran Maß, wie mit den Menschen an den Rändern an der Gesellschaft umgegangen wird", betonte Landau.
Zu Themen wie der Debatte um die Mindestsicherung, die Lage anerkannter Flüchtlinge im Land und der Zukunft des Pflegesystems nahmen in der "Orientierung" auch der evangelische Diakonie-Direktor Michael Chalupka und die Präsidenten von Katholischer Aktion und Katholischem Familienverband, Gerda Schaffelhofer und Alfred Trendl, Stellung. Das Land brauche Maßnahmen, um alle "Menschen, die an den Rändern leben in unser Boot zu holen", sagte Schaffelhofer, die als KA-Präsidentin der offiziellen Laienorganisation der katholischen Kirche vorsteht - "und das sind eben die Familien, die vielfach wesentlich armutsgefährdeter sind als wir teilweise glauben, das sind auch alte Menschen, die mit Kleinstpensionen durchkommen müssen und es sind Migranten, die alles zurückgelassen haben".
Für eine Abkehr von der Wahlkampfrhetorik zur Mindestsicherung plädierten Familienverbands-Präsident Trendl und Diakonie-Direktor Chalupka. Hier seien in der Wahlauseinandersetzung "Gruppen gegeneinander ausgespielt worden", kritisierte Trendl. Dies sei "dem Wahlkampf geschuldet", dürfe aber "nicht Basis für eine Politik sein", mahnte er. Niemand in einer neuen Regierung könne wollen, dass es mehr Obdachlose auf der Straße gibt, "und wir wirklich spürbar Armut auf der Straße sehen, weil Menschen sich das Wohnen und die Ernährung nicht mehr leisten können", sagte Chalupka. Eine österreichweiten Regelung zur Mindestsicherung brauche "Augenmaß", damit sie Menschen das Mindeste zum Überleben sichere und nicht den ohnehin Ärmsten noch etwas wegnehme.
Mindestsicherung müsse "sich an der Not der Betroffenen orientieren und nicht an irgendwelchen Ideologien", hob auch Caritas-Präsident Landau hervor. Es gehe darum, Österreich "auch für die Zukunft armutsfest auzugestalten". Dazu brauche es etwa eine Verschränkung mit dem Arbeitsmarktservice, "damit Menschen auch wieder Perspektiven finden, um auf den eigenen Beinen zu stehen".
"Perspektivenwechsel" bei Asyl
Einen "Perspektivenwechsel" wünscht sich Katholische-Aktion-Präsidentin Schaffelhofer beim Umgang mit Flüchtlingen. Im Fokus müsse nicht ein Schutz der Österreicher vor Flüchtlingen stehen, "sondern, wie schützen wir Flüchtlinge vor Ausbeutung, Entwürdigung, Entmenschlichung und auch vor Bürokratie". Dass zunächst Hilfe vor Ort in den Herkunftsländern forciert werde, könne sie sich "durchaus vorstellen", so Schaffelhofer weiter. "Das heißt aber: Sonderbudgets und Aufstockung unserer Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit in diesen Regionen."
Zu einem anderen Umgang mit jenen Menschen, die in Österreich bereits Asyl zuerkannt haben, rief Diakonie-Direktor Chalupka auf. Diese seien keine "illegalen Einwanderer" und auch nicht "in ein Sozialsystem eingewandert", sondern "Menschen auf der Flucht, denen ein Gericht bestätigt hat, dass sie Anspruch auf Asyl haben und von denen immer alle gesagt haben, denen wollen wir helfen", forderte er im "Orientierung"-Interview zusätzliche Maßnahmen im Integrationsbereich.
Chalupka appellierte zudem, sich in diesen Fragen von der Haltung einer Unterscheidung zwischen "Wir" und den "Anderen" zu verabschieden. "Es geht um uns. Wir brauchen ein Regierung für alle, die in Österreich leben - für alle Österreicherinnen und Österreicher, aber auch für alle, die hier leben und keinen österreichischen Pass haben, weil nur das die Qualität einer solidarischen Gemeinschaft ausmacht", betonte er.
Pflegende Angehörige entlasten
Erneut machten die beiden Spitzenvertreter der großen kirchlichen Hilfswerke in der "Orientierung" auch auf den Pflegebereich als einem der brennendsten Zukunftsbereiche der Sozialpolitik aufmerksam. "Ich glaube, es wird insgesamt um die Frage gehen, wie wir die pflegenden Angehörigen entlasten wollen, wie wir uns dem Zukunftsthema Demenz stellen wollen und was notwendig ist, um bei der Palliativ- und Hospizversorgung endlich die Flächendeckung zu erreichen", sagte Caritas-Präsident Landau. Und auch Diakonie-Chef Chalupka forderte Angebote für alte Menschen, "die bedürfnisgerecht sind und die man sich auch leisten kann".
Quelle: kathpress