Moraltheologe: Allerheiligen kann von Halloween profitieren
Der von den USA nach Europa gebrachte Halloween-Brauch wird auch in Österreich immer beliebter. Für den Linzer Moraltheologen Michael Rosenberger kein Grund, den mahnenden Zeigefinger zu heben, denn die Kirche profitiere von dem Brauchtum, "weil dadurch schon einmal auf das Allerheiligen- und Allerseelenfest verwiesen und eingestimmt wird", so Rosenberger im Interview mit "kathpress".
Was für Allerheiligen gelte, treffe grundsätzlich auf fast alle kirchlichen Feste zu: Das diese umgebende Brauchtum mache die Feste besser wahrnehmbar. "Brauchtum dient dazu, dass das Fest mit allen Sinnen erlebbar wird und noch einmal über den Gottesdienst und den engen kirchlichen Bereich hinaus, so etwas wie eine Unterstützung und eine Rahmung erhält".
Natürlich immer vorausgesetzt, so Rosenberger, "dass die Bräuche nicht übertrieben werden und sie keinen Schaden anrichten". Klar müsse auch bleiben, das Eigentliche des Friedhofsgang an Allerheiligen sei die ihm immanente Botschaft von der Auferstehung der Toten und nicht das Brauchtum. "Solange diese Beziehung hergestellt und klargestellt wird, das eine ist das Brauchtum, das andere ist die Botschaft, habe ich damit überhaupt kein Problem."
Warum gerade Halloween am Vormarsch ist, erklärte der Theologe mit der Gemeinschaft stiftenden und "ein bisschen lustigen" Note des Brauchs; "und ich würde sagen, es ist eine Methode, um die Freude über dieses Fest miteinander zu teilen und gleichzeitig das materiell in einer Gabe auszudrücken". Insofern sei das von Tür zu Tür gehen und um eine Gabe bitten nichts Schlechtes, so Rosenberger. Dass Halloween seinen Weg nach Österreich gefunden hat, hänge, so der Moraltheologe, ein Stück weit mit der Globalisierung zusammen, die auch vor Brauchtum nicht halt mache.
Die ablehnende Haltung in vielen Teilen der Kirche Halloween gegenüber interpretiert er als Abneigung gegen das Ungewohnte. Anders sei das etwa in den USA oder Irland, wo das Brauchtum seit rund 200 Jahren an das christliche Allerheiligen-Fest gekoppelt ist. In Österreich fehle diese alte Tradition und somit ein Stück weit die Akzeptanz für den Brauch. Der Moraltheologe zog einen Vergleich zum Christbaum: Dieser sei vor rund 100 Jahren anfänglich als heidnischer Brauch abgetan worden, der nichts mit dem Christentum zu tun habe, mittlerweile aber fixer Bestandteil des Weihnachtsfestes. "Ich glaube, dass das in 100 Jahren auch mit Halloween so sein wird."
Im Sinne des Totengedenkens habe Allerheiligen bei den Menschen eine "hohe Beliebtheit" und "sehr hohe Bedeutung". Rosenberger sprach von einem "enormen Besuch" auf Friedhöfen und einer gelungenen Verbindung zwischen dem persönlichen Leben der Menschen und der Botschaft des Evangeliums von der Auferstehung der Toten. Der Friedhofsgang zu Allerheiligen sei übrigens auch Kindern zumutbar, so der Moraltheologe. Der Tod werde erst dann zum Problem für Kinder, wenn er von Erwachsenen zum Tabu-Thema gemacht wird, "wenn sie versuchen, das vom Kind fernzuhalten". Denn der Mensch habe zunächst einmal vor dem Unbekannten Angst; "und in dem Moment, wo man es einmal erfahren hat, verschwindet ein großer Teil dieser Angst, weil man merkt, man kann damit umgehen".
Quelle: kathpress