Bundespräsident: Kirchen fördern Frieden und Freiheitsrechte
Religionsfriede ist keine Selbstverständlichkeit, sondern eine komplexe menschliche Leistung und ein Verdienst der christlichen Kirchen in Österreich. Das betonte Bundespräsident Alexander Van der Bellen beim Festakt "500 Jahre Reformation" am Dienstagnachmittag, zu dem die Evangelischen Kirchen in den Goldenen Saal des Wiener Musikvereins geladen hatten. Vor den Vertretern der Kirchen und Religionen mit Kardinal Christoph Schönborn und dem evangelischen Bischof Michael Bünker an der Spitze sowie rund 1.500 Mitfeiernden konstatierte das Staatsoberhaupt: "Die Ökumene in Österreich ist mustergültig."
Im Unterschied zu 2017 seien Reformationsjubiläumsfeiern früher "politisch überhöhte Großereignisse" gewesen, erinnerte der Bundespräsident und sagte: "Die Politik hat sie benutzt, oft auch missbraucht." Demgegenüber sei das jetzige 500-Jahr-Jubiläum ein "Fest der Besinnung" und "erstmals ein Fest des Religionsfriedens und der Akzeptanz des religiösen Pluralismus" sowie "erstmals ein Fest der Zusammenarbeit im Dienste der Menschen und der europäischen Einigung".
Das Staatsoberhaupt erinnerte, dass das Mündig-werden des Einzelnen, der Ruf nach individuellen Freiheiten, und letztlich nach politischer Freiheit und Teilhabe, eine seiner Wurzeln in der Reformation habe. Auch wenn es vermutlich Martin Luther so nicht im Sinn gehabt haben könnte, könne man dennoch von einem "Kollateralnutzen" der Reformation sprechen.
Ausdrücklich würdigte Van der Bellen die gegenwärtigen Beiträge der christlichen Kirchen für die Freiheitsrechte und die Gesellschaft. Dies sei bei der akkordierten Mitarbeit der christlichen Kirchen beim Österreich-Konvent von 2003 bis 2005 auf der Basis eines gemeinsamen "Sozialwortes" deutlich geworden. Dabei hätten die Kirchen und Religionsgesellschaften "einmütig erklärt, wenn nötig gemeinsam mit anderen für das Friedens- und Versöhnungsprojekt Europa einzutreten."
Die großartige Zusammenarbeit bei der Bewältigung der Herausforderungen durch die Flüchtlingsbewegung sei ohne die Beiträge von Caritas, Diakonie und zivilgesellschaftlichen Kräften nicht möglich gewesen, erinnerte das Staatsoberhaupt und sagte: "Kirchen sollen für die lobbyieren, die keine Lobby haben; für Menschen deren Stimme in der Politik zu schwach ist, um gehört zu werden, oder die überhaupt keine Stimme haben."
Quelle: kathpress