Winkler: Ohne persönliches Vertrauen keine Ökumene-Fortschritte
Mehr vertrauensbildende Maßnahmen im Dialog zwischen der katholischen und der orthodoxen Kirche hat der Salzburger Ostkirchenexperte Prof. Dietmar Winkler eingemahnt. Ohne persönliches Vertrauen zwischen Vertretern der beiden Kirchen seien Fortschritte in der Ökumene kaum möglich. Winkler äußerte sich im "Kathpress"-Gespräch im Hinblick auf den jüngsten Besuch des Salzburger Erzbischofs Franz Lackner in Serbien. Lackner war u.a. in Belgrad gemeinsam mit dem für Österreich zuständigen serbischen Bischof Andrej (Cilerdzic) und mit dem serbisch-orthodoxen Patriarchen Irinej (Gavrilovic) zusammengetroffen. Die Begegnung war Teil einer ökumenischen Reise, die die Salzburger Sektion der Stiftung "Pro Oriente" veranstaltet hatte, deren Vorsitz Winkler innehat.
Solche persönlichen Begegnungen bzw. vertrauensbildende Maßnahmen könnten gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, so Winklers Resümee. Die persönliche Vertrauensbasis sei Voraussetzung und Grundlage für jede theologische Annäherung bzw. Versöhnung zwischen den Kirchen. Umso deutlicher werde dies konkret auf dem Balkan, wo der katholisch-orthodoxe Dialog von einem Nationalitätenkonflikt zwischen Kroaten und Serben überschattet wird. Kroatien werde mit "katholisch" und Serbien mit "orthodox" gleichgesetzt und der Katholischen Kirche in Kroatien werde immer noch vorgeworfen, dass sie im Zweiten Weltkrieg mit den Nationalsozialisten bzw. dem von ihnen eingerichteten Ustascha-Regime kollaboriert hatte. Dazu käme der immer noch nicht aufgearbeitete Krieg im Rahmen des Zerfalls Jugoslawiens, so Winkler zur nach wie vor problematischen ökumenischen Situation vor Ort.
Patriarch Irinej bzw. die Synode des serbischen Patriarchats würden gerne einen Papstbesuch in Serbien sehen, aber zugleich, so habe der Patriarch eingeräumt, sei es derzeit noch zu früh dafür, berichtete Winkler. Ein Besuch von Franziskus sei zumindest innerkirchlich in Serbien noch nicht durchsetzbar.
Solange nicht die Katholische Bischofskonferenz von Kroatien offiziell ein Wort der Entschuldigung spricht, werde der Dialog zwischen beiden Kirchen "keine Fortschritte machen", zitierte Winkler den serbischen Patriarchen. Dieser habe zugleich auch ganz konkret vorgeschlagen, dass sich die "Pro Oriente"-Historikerkommission, die sich mit der Aufarbeitung der Konflikte auf dem Balkan auseinandersetzt, hier konstruktiv einbringen könnte. Die Frage sei zu beantworten, inwieweit tatsächlich die katholische Kirche als solche mit dem Ustascha-Regime zusammenarbeitete oder ob es sich nur um Einzelpersonen handelte. Zugleich müsse man natürlich auch untersuchen, inwieweit die serbische Orthodoxie im Zweiten Weltkrieg mit den anderen Kriegsparteien zusammenarbeitete, ergänzte Prof. Winkler.
Den ersten Schritt müsste nun aber die kroatische Bischofskonferenz setzen, so Winkler, "und auf die Serbisch-orthodoxe Kirche zugehen". Ein "ganz schlechtes Signal" wäre deshalb derzeit mit Sicherheit die Heiligsprechung des seligen kroatischen Kardinals Alozije Stepinac (1898-1960), auch wenn seine Leiden während der kommunistischen Herrschaft in Jugoslawien kaum bestreitbar sind.
Stepinac war nach der kommunistischen Machtübernahme in einem Schauprozess zu 16 Jahren Haft verurteilt worden, weil er während des Zweiten Weltkriegs mit den kroatischen Faschisten kollaboriert haben soll. Nach sechs Jahren Haft musste er die restliche Zeit bis zu seinem Tod in Hausarrest verbringen. Papst Johannes Paul II. hatte Stepinac 1998 selig gesprochen.
Offizielle Historikerkommission erfolglos
Von Juli 2016 bis Juli 2017 vesuchte eine von Papst Franziskus in Auftrag gegebenen ökumenischen kroatisch-serbischen Historikerkommission das Leben von Kardinal Alozije Stepinac (1898-1960) aufzuarbeiten. Die Serbisch-orthodoxe Kirche hatte sich 2014 bezüglich einer möglichen Heiligsprechung von Stepinac brieflich an Papst Franziskus gewandt und schwere Bedenken im Hinblick auf dessen Rolle während der Zeit des sogenannten "Unabhängigen Staats Kroatien" im Zweiten Weltkrieg geäußert. Der Papst hatte daraufhin die Bildung der Dialogkommission angeregt.
Vom Vatikan wurde freilich betont, dass die Beratungen der Kommission ausdrücklich kein Teil des laufenden Heiligsprechungsprozesses von Stepinac seien. Dieser liege allein in der Kompetenz des Heilgen Stuhls. Franziskus möchte eine Stepinac-Heiligsprechung aber erst im Anschluss an Ergebnisse der Kommission vornehmen.
Die Gemischte Kommission der Kroatischen Bischofskonferenz und der Serbisch-Orthodoxen Kirche war höchstrangig besetzt; so u.a. mit dem Zagreber Kardinal Josip Bozanic, Diözesanbischof Ratko Peric (Mostar), Metropolit Porfirije von Zagreb-Ljubljana, Metropolit Amfilohije von Montenegro. Dazu kamen zahlreiche profilierte Historiker von beiden Seiten.
Im Juli 2017 musste die Kommission dann aber in ihrem Schlusskommunique u.a. wörtlich festhalten: "Man kam zur Erkenntnis, dass die verschiedenen Ereignisse, Schriften, Schweigephasen und Stellungnahmen nach wie vor Gegenstand verschiedener Interpretationen sind. Im Fall von Kardinal Stepinac sind die vorherrschenden Interpretationen der katholischen Kroaten und der orthodoxen Serben nach wie vor unterschiedlich".
Bischof Andrej für Versöhnung
Im Anschluss an die Begegnung von Erzbischof Lackner mit dem serbischen Patriarchen Irinej im September diesen Jahres hatte sich auch der österreichische serbisch-othodoxe Bischof Andrej zu Wort gemeldet. Er plädierte via "Kathpress" an Serben wie Kroaten, gegenseitige Vorurteile und Ressentiments zu überwinden.
Quelle: kathpress