Verfassungsgerichtshof prüft Öffnung der Ehe für Homosexuelle
Österreich steht vor einer grundlegenden Entscheidung über die mögliche Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare. Das hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) am Dienstag bekannt gegeben, der eine amtswegige Prüfung jener gesetzlichen Bestimmungen eingeleitet hat, die für heterosexuelle Paare die Ehe und für homosexuelle Paare die Eingetragene Partnerschaft vorsehen. Konkret prüft das Höchstgericht, ob die im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) in Paragraf 44 bestehende Wortfolge "verschiedenen Geschlechts" im Blick auf die Ehe und ob das seit 2009 bestehende Gesetz über die Eingetragene Partnerschaft (EPG) homosexuelle Paare diskriminieren.
In den letzten Jahren hatte der VfGH die Position vertreten, dass der Bestand unterschiedlicher Rechtsinstitute für heterosexuelle bzw. homosexuelle Paare sachlich gerechtfertigt sei. Die jetzige Entscheidung zur Prüfung der geltenden Gesetzeslagen begründet das Höchstgericht damit, dass mittlerweile zwischen der Ehe und der Eingetragenen Partnerschaft eine weitgehende Rechtsangleichung erfolgt sei. Dennoch bestehen unterschiedliche Rechtsinstitute "für sonst in ihrem Wesen und ihrer Bedeutung für den individuellen Menschen grundsätzlich gleiche Beziehungen", heißt es seitens des VfGH. Das Höchstgericht erklärt zudem, dass die Prüfung "vor dem Hintergrund einer bis in die jüngste Vergangenheit reichenden rechtlichen und gesellschaftlichen Diskriminierung von Personen gleichgeschlechtlicher sexueller Orientierung" erfolge.
Gleichzeit führt der VfgH an, dass selbst bei einer völlig gleichen Ausgestaltung beider Institute die Beibehaltung verschiedener Bezeichnungen zulässig sein könnte, weil sie "zum Ausdruck bringen, dass Personen mit gleichgeschlechtlicher sexueller Orientierung unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes eben nicht gleich den Personen mit verschiedengeschlechtlicher Orientierung sind".
Anlass des Verfahrens ist die Beschwerde zweier Frauen, die in Eingetragener Partnerschaft leben und die Zulassung zur Begründung einer Ehe beantragt hatten. Dieser Antrag wurde vom Magistrat der Stadt Wien und in der Folge vom Verwaltungsgericht Wien mit dem Hinweis auf Paragraf 44 ABGB abgelehnt. Das Paar wandte sich daraufhin an die Höchstgerichte, weil es darin nicht nur eine Diskriminierung für sich sieht, sondern auch für ihr Kind, zumal dieses bislang als "unehelich" gelte und daher gesellschaftlich benachteiligt sei.
Im Zuge des beschlossenen Gesetzesprüfungsverfahren beabsichtigt der VfGH schriftliche Stellungnahmen u.a. von der Bundesregierung einzuholen. Eine Entscheidung sei in einer der nächsten Sessionen des VfGH zu erwarten.
Quelle: kathpress