Schaffelhofer: "Zuallererst braucht es neuen politischen Stil"
"Wir brauchen dringend Veränderungen in unserem Land": Diese Diagnose hat die Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich (KAÖ), Gerda Schaffelhofer, zum Ausgang der Nationalratswahl gestellt. "Zuallererst braucht es einen Wandel in der politischen Kultur und im politischen Stil", betonte sie in einer Stellungnahme am Tag nach dem Wahlsonntag. "Dieser Schmutzkübelwahlkampf ist Gott sei Dank zu Ende." Sie hoffe sehr darauf, "dass sich nun alle Politiker darauf besinnen, dass nicht das Denunzieren des Konkurrenten, sondern das Überzeugen mit eigenen Inhalten die Bürgerinnen und Bürger ins Boot holt", sagte Schaffelhofer.
Dabei sei ein Wandel im Verständnis von politischer Verantwortung gefordert: Abgeordnete und Regierungspolitiker seien nicht in erster Linie ihrer Partei verpflichtet, sondern zuallererst dem Wohl des gesamten Landes und seiner Menschen. "Nicht wieder Partei- und Partikularinteressen", sondern Orientierung am Gemeinwohl müsse der künftigen Regierung abverlangt werden. Das Augenmerk müsse verstärkt auf einer Politik liegen, "die von den Rändern her denkt", erklärte Schaffelhofer. Die Schwachen dürften nicht unter die Räder kommen.
Sollte ÖVP-Chef Sebastian Kurz Kanzler werden, was sich "abzeichnet", will ihn die KAÖ-Präsidentin an seinem Wahlprogramm und dem Bekenntnis zu einer christlich-sozialen Politik messen. "Eine Verschärfung der Einwanderungsgesetze, wie im Wahlkampf propagiert, trägt jedenfalls keine christlich-soziale Handschrift." Aber auch von anderen Parteien sei zu hoffen, dass nach der Wahl "auch in der Migrationsfrage wieder Augenmaß und Verantwortung die Oberhand gewinnen". Abschließend fügte die KAÖ-Präsidentin hinzu: "Und die Schmuddelkiste des Dirty-Campaining sollte von allen Parteien ein für allemal versenkt werden."
Küberl hat "keine Koalitions-Präferenz"
"Keine Präferenz" hinsichtlich der Zusammensetzung der künftigen Bundesregierung in Österreich hat der frühere Caritas-Präsident und Vertreter der Kirchen im ORF-Stiftungsrat, Franz Küberl. "Die Demokratie wird jedwede Koalitionsform bewältigen", sagte Küberl als einer von mehreren Prominenten, die von der "Presse" am Montag zum Ausgang der Nationalratswahl befragt wurden. "Ich hab da auch keine Generalängste. Was kommt, kommt." Den Erfolg der ÖVP unter Sebastian Kurz habe er erwartet, hätte dessen Liste sogar noch "weiter vorne vermutet". Jetzt gebe es eine bürgerliche und zwei unterschiedliche Arbeiterparteien relativ knapp nebeneinander im Parlament.
Als "schade" bezeichnete es Küberl im Blick auf Neos, Liste Pilz und Grüne, "dass die drei kleinen Parteien in Wirklichkeit nichts beeinflussen können und nicht einmal miteinander die Möglichkeit haben, sich strukturiert bemerkbar zu machen. Außer gute Reden im Parlament halten." Dass die Grünen "in dieser Wuchtigkeit verloren" haben, komme für ihn doch überraschend; deren schlechtes Abschneiden sei aber bereits auf ihrem jüngsten Parteitag eingeleitet worden, nach dem Langzeitabgeordneter Peter Pilz eine eigene Liste präsentierte. Die Frage sei nun, ob dieser "ein Hecht im Hechtteich sein kann". Denn - so Küberl - "im Parlament gibt es keine Karpfen".
Nach dem Ex-Caritas-Chef war der jüngste Wahlkampf nicht schmutziger als frühere, er reihe sich leider "würdig" ein. "Schade, dass viele jener, die Wahlkämpfe verantworten, nichts dazulernen können", befand Küberl. Sich extern beraten zu lassen sei das Recht jedes Wahlkämpfenden. "Aber entscheiden, was als Wahlkampfargument, als Wahlkampfmittel verwendet oder nicht verwendet werden kann, sollten schon immer noch die Spitzenkandidaten."
Linzer KA-Präsident: "Bedenklicher Rechtsruck"
Österreich habe sich mit der jüngsten Nationalratswahl "deutlich verändert", so die Diagnose der Präsidenten der Linzer Katholischen Aktion, Bert Brandstetter: "Der Rechtsruck ist augenscheinlich und bedenklich." Wer immer das Land künftig regieren und mitregieren wird, müsse "rechte Positionen" wahrnehmen. Was das konkret bedeutet, könne man in Oberösterreich ganz gut erkennen, wo seit zwei Jahren Schwarz-blau regiert. Brandstetter verwies auf "massive Einschnitte" im Sozial-, im Bildungs- und auch im Kulturbereich. "Das Land ist kälter geworden, diese Entwicklung droht nach der Wahl auch dem Staat."
Christen müssten ein demokratisches Wahlergebnis akzeptieren, so der KA-Präsident. "Wir lassen es uns aber nicht nehmen, aufzustehen und aufzuschreien, wenn Menschen unter die Räder kommen oder versucht werden sollte, auf die Freiheit von Bildung und Kultur politisch Einfluss zu nehmen."
Zulehner gegen Islam-Ausgrenzung
Noch vor dem Urnengang am Sonntag hatte sich der Wiener Theologe und Werteforscher Paul Zulehner kritisch über die vor allem von FPÖ-Seite geäußerte Behauptung "Der Islam gehört nicht zu Österreich" geäußert. Das sei schon allein aufgrund historischer Tatsachen falsch, erinnerte er an die Politik der "katholischen Habsburger" nach der Annexion des muslimischen Bosnien-Herzegowina. Doch Zulehner warnte in seinem Blog-Eintrag am Wochenende grundsätzlich vor der Ausgrenzung von Gruppen wie Juden, Roma oder Protestanten, denen im Lauf der Geschichte ebenfalls die Zugehörigkeit zu Österreich abgesprochen wurde.
Zulehner hielt dem entgegen: "Aber was für das Dazugehören zählt, ist nicht die Religion, sondern eben die Staatsbürgerschaft. Alles andere ist dumpfer Populismus und WählerInnentäuschung übelster Sorte."
Quelle: kathpress