Wahlkampf: Wie halten es die Parteien mit der Armutsprävention?
Wenn es um die soziale Sicherheit und Verhinderung von Armut in Österreich geht, plädieren die um die Stimmen für die Nationalratswahl werbenden Parteien für sehr unterschiedliche Wege: Das zeigt eine Befragung der Parteien-Spitzenkandiaten durch die Kooperationsredaktion österreichischer Kirchenzeitungen, die in drei Ausgaben bis zur Wahl am 15. Oktober die Antworten der Parteienvertreter zu ausgewählten Themen im Vergleich auflisten.
Bundesweit einheitliche Mindestsicherung, einen steuerfreien Mindestlohn von 1.500 Euro und eine Unterhaltsgarantie für Kinder bezeichnete Bundeskanzler Christian Kern als Eckpunkte des SPÖ-Engagements "für jene, die es schwer haben". Die Pflege solle durch Steuern auf Erbschaften und Schenkungen jenseits einer Million Euro abgesichert werden, zudem sollten 5.000 neue Lehrkräfte eingestellt werden, auch um die Integration zu stärken.
ÖVP-Chef und Außenminister Sebastian Kurz erklärte, die ÖVP werde sich für die Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen einsetzen. Konkrete Maßnahmen dazu seien Senkungen bei der Lohn- und Einkommenssteuer, die Abschaffung der Kalten Progression, für Familien ein Steuerbonus von 1.500 Euro pro Kind sowie geringere Beiträge für die Arbeitslosenversicherung. Leistung solle unbürokratisch zugeteilt werden, doch gelte grundsätzlich: "Wer Leistung beziehen will, muss zunächst Leistung erbringen."
Den besonderen Einsatz für ältere Menschen hob Heinz-Christian Strache hervor: Die FPÖ werde sich für eine Mindestpension von 1.200 Euro einsetzen, die ebenso jährlich wertangepasst werden solle wie das Pflegegeld. An Bedürftige solle es bundesweit einen Heizkostenzuschuss geben. Ins Blickfeld rückte der FP-Klubobmann auch Alleinerziehende: Sie sollten neben materieller Absicherung mehr Wahlfreiheit für die Vereinbarkeit von Kind und Beruf erhalten, darunter auch die Möglichkeit, in den ersten Lebensjahren bei den Kindern zu sein. Für Neuzuwanderer solle der Arbeitsmarkt teils geschlossen werden.
Grundpension und Bürgergeld
Auf das von den Grünen vertretene Konzept der Grundsicherung verwies deren Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek: Menschen sollten außer Geldleistungen auch Hilfen dabei bekommen, ihr Grundproblem zu überwinden, etwa durch Ausbildung, Qualifikation, Rehabilitation oder Beratung. Zur Durchsetzung der Rechte der Menschen sei eine weisungsfreie Sozialanwaltschaft nötig. Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments schlug zudem die Umstellung des Pensionssystems auf eine existenzsichernde Grundpension vor, die durch eine Erwerbspension aus den bezahlten Beiträgen ergänzt wird.
Ein "Bürgergeld" für Menschen in sozialen Notlagen, das die unterschiedlichen, kompliziert zu beantragenden Sozialleistungen zusammenfasst, schlug NEOS-Klubobmann Matthias Strolz vor. Seine Partei forciere zudem die Förderung lebenslanger Bildung - auch als Armutsprävention und Mittel zur Integration, weiter mehr und bessere Kinderbetreuung, die "Kürzung von Luxuspensionen" sowie Altersteilzeit und Angleichung des Frauenpensionsalters.
Einblicke gab auch die Positionierung der beiden Regierungsparteien zum christlichen Glauben: Die Sorge für Menschen in prekären Verhältnissen "nennen manche Nächstenliebe, andere Solidarität. Es ist jedenfalls eine Frage der Gerechtigkeit", betonte SPÖ-Chef Kern. Sebastian Kurz betonte, die ÖVP-Politik beruhe "auf einem christlich-humanistischem Menschenbild", Ziel sei ein zufriedenes und selbstbestimmtes Leben für alle Menschen unabhängig von Alter, Status, Geschlecht oder Herkunft.
Niemand im Regen stehen lassen
In ihrem Kommentar zu der Zusammenschau der Kirchenzeitungen betonte die Direktorin der Katholischen Sozialakademie, Magdalena Holztrattner, dass ein "starker Sozialstaat" mit Rechtsansprüchen ohne Ansehen der Person wichtig sei. Um der weit verbreiteten Prekarisierung entgegenzuwirken und Grundrisiken wie Arbeitslosigkeit, Armut und Krankheit solidarisch zu tragen, solle der Staat auf Steuergerechtigkeit, Einkommenssicherheit sowie gute öffentliche Infrastruktur und Investitionen in Bildung setzen. "Niemand wird im Regen stehen gelassen. Niemand soll beschämt werden", so die katholische Sozialexpertin.
Quelle: kathpress