Nationalratswahl: Was wollen die Parteien für Familien tun?
Genauso unterschiedlich wie die österreichischen Parteien über Familie denken, wollen sie diese auch fördern: Das zeigen die Kirchenzeitungen im dritten und letzten Teil ihrer Rundfrage zur Nationalratswahl, in der sie die Spitzenkandidaten zu Stellungnahmen zu zentralen Themen gebeten haben. Bleiben dabei auch völlige Überraschungen aus, so liefert die in den dieswöchigen Ausgaben (Diözesen Feldkirch, Linz, Eisenstadt und Innsbruck) veröffentlichte Zusammenschau dennoch einen guten Überblick über die verschiedenen familienpolitischen Ansätze im Land.
Vereinbarkeit von Beruf und Familie zählt zu den Hauptanliegen der SPÖ. Man forciere daher den Ausbau von Ganztagsschulen und Kinderbetreuungsplätzen, fordere Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag, ein zweites Gratis-Kindergartenjahr und den "Papa-Monat für alle, auch für Regenbogenfamilien", erklärte der Parteichef und Bundeskanzler Christian Kern. Zur besseren finanziellen Absicherung werde sich die SPÖ für eine Unterhaltsgarantie, einen steuerfreien Mindestlohn von 1.500 Euro und für leistbares Wohnen einsetzen.
Niemand solle aus finanziellen Gründen auf Familie verzichten müssen, erklärte Außenminister Sebastian Kurz. Statt mehr Geld- und indirekte Leistungen wie Betreuung und Bildung wolle seine ÖVP "den Familien mehr Freiraum geben, indem wir ihnen von vornherein weniger wegnehmen". Als Maßnahmen dafür ziele man einen Steuerbonus an, von bis zu 1.500 Euro pro Jahr und Kind bei der Lohn- und Einkommensteuer.
Sach- vs. Geldleistungen
"Echte Wahlfreiheit" für Familien heißt für die FPÖ, Kinder in den ersten Lebensjahren auch zuhause betreuen zu können, zusätzlich zu einer gesicherten Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Als freiheitlichen Forderungskatalog in Sachen Familienpolitik führte Parteichef Heinz-Christian Strache u.a. jährliche Valorisierung der Familienleistungen, Anrechnung von vier Jahren pro Kind für die Pensionsversicherung, Angleichung des arbeitsrechtlichen Kündigungs- sowie des Versicherungsschutzes an die maximale Kinderbetreuungsgeld-Bezugsdauer und auch ein steuerliches Familienentlastungsmodell an.
"Immer noch sind klassische Rollenbilder tief verankert und werden strukturell begünstigt", stellt Grünen-Chefin Ulrike Lunacek in ihren Antworten fest. Die Grünen verträten eine Politik, die sich auch an Formen des Zusammenlebens jenseits herkömmlicher Familienmodelle orientiert und Hürden von fehlender Vereinbarkeit von Beruf und Familie besonders für Frauen abbaut. Statt Geld oder Steuerbegünstigungen setze man dabei auf Sachleistungen wie etwa einen Rechtsanspruch auf einen kostenlosen Krippenplatz für jedes Kind ab seinem ersten Geburtstag.
Für eine "flexible Familienpolitik" machte sich Neos-Klubobmann Matthias Strolz stark. Ein Karenzanspruch für beide Elternteile solle es Vätern möglich machen, bei den Kindern zu bleiben und die Mütter zu entlasten, zudem seien bessere Kinderbetreuung und längere Betreuungsmöglichkeiten nötig. Ein Dorn im Auge sind Strolz das Wirrwarr von 200 familienbezogenen Förderungen in Österreich: Anträge sollten vereinfacht und die Treffsicherheit der Maßnahmen sichergestellt werden.
Was ist Familie?
Trotz der nötigen Kürze der Antworten sahen sich etliche der Parteichefs dazu veranlasst, ihre Definition von Familie darzulegen. Christian Kern (SPÖ) beließ es- genau wie Ulrike Lunacek - bei der Feststellung, dass Familie viele Formen haben könne. Sebastian Kurz (ÖVP) sprach von der "wichtigsten Gemeinschaft für Menschen", bei der Generationen füreinander Sorge trügen; Kinder seien wichtig für die Zukunft, da sie später Wohlstand erwirtschaften würden. "Der wichtigste soziale Kern der Gesellschaft" ist die Familie bei Heinz-Christian Strache (FPÖ). Strache wie auch Matthias Strolz (Neos) hoben die besondere Verantwortung hervor, die Menschen in einer Familie füreinander - und damit auch für andere Generationen - übernehmen.
Tragfähige Solidargemeinschaft
Aus kirchlicher Sicht kommentierte Gertraud Ladner, Uniassistentin am Institut für Systematische Theologie der Universität Innsbruck, dass Familienförderung heute mehr als Geldleistungen bedeuten müsse: "Familien brauchen Bedingungen für Arbeit, Erziehung, Bildung und Pflege, sodass sie solidarische Gemeinschaften sein können." Derartige Gemeinschaften zu bilden und dabei tragfähig zu sein, um vielfältige Herausforderungen bewältigen zu können, erwarte die Gesellschaft von der Familie. Wichtig sei es dabei, nicht nur Kinder und Eltern, sondern auch die Großeltern und "die anderen, die unterstützen, und um die wir uns sorgen" in den Blick zu nehmen.
Quelle: kathpress