Kirche in Sorge um Stabilität im Nordirak
Große Sorge um die politische Stabilität im Nordirak hat am Montagvormittag den Auftakt der Jahrestagung der "Initiative Christlicher Orient" (ICO) im Salzburger Bildungszentrum St. Virgil geprägt. Die Kurden in der autonomen nordirakischen Region Kurdistan stimmen an diesem Montag in einem umstrittenen Referendum über ihre Unabhängigkeit ab. Mehr als fünf Millionen Wähler sind aufgerufen, über die Abspaltung vom restlichen Teil des Iraks zu entscheiden. Gegen das Referendum, das rechtlich nicht bindend ist, gibt es massiven Widerstand, sowohl von Seiten der irakischen Zentralregierung als auch von allen Nachbarstaaten sowie den Vereinten Nationen.
Er hoffe sehr, so der Linzer Bischof Manfred Scheuer in seinem Grußwort zum Auftakt der ICO-Tagung, dass das Unabhängkeitsreferendum keine negativen Auswirkungen auf die Stabilität in der Region und etwa die Rückkehr der Christe in die Ninive-Ebene mit sich bringe. Ungeachtet aller Unsicherheiten rief Scheuer zur verstärkten Hilfe für die Christen vor Ort auf. Er erinnerte an seinen Besuch in der vom IS befreiten Ninive-Ebene im vergangenen Februar. Aus der materiellen und seelischen Zerstörung könne aber auch Neues entstehen und der Wiederaufbau begonnen werden. Inzwischen seien viele Christen in ihre Heimatdörfer und -städte zurückgekehrt und "entschlossen, auch weiterhin vor Ort ihren Glauben, ihre Kultur und ihre Sprache zu pflegen".
Scheuer verwies auf die "Aktion Heimkehr", die die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV), "Christian Solidarity International Österreich" (CSI), "Kirche in Not" und die Initiative Christlicher Orient (ICO) sowie die "Kardinal König Stiftung" gestartet haben. Gemeinsam soll das christliche Dorf Baqofa, das rund 25 Kilometer nördlich von Mossul liegt und als "Österreich-Dorf" bezeichnet wird, wieder aufgebaut werden. Scheuer appellierte an die heimische Politik und Wirtschaft auf, sich den Bemühungen der heimischen Hilfsorganisationen anzuschließen.
In die selbe Kerbe schlug auch ICO-Obmann Slawomir Dadas. Ein Orient ohne Christen sei unvorstellbar. Die Christen vor Ort würden durch ihren tiefen Glauben jeder Zerstörung und dem Tod trotzen. Dabei seien die Menschen vor Ort freilich auf Hilfe und Solidarität aus dem Westen angewiesen. Die ICO wolle mit ihren vielfältigen Projekten vor allem auch Perspektiven für die junge christliche Generation im Nahen Osten schaffen, damit diese ihre Heimat nicht verlassen müssen.
Ausdrücklich würdigte Bischof Scheuer in seinem Grußwort den chaldäisch-katholischen Patriarchen Louis Sako, der sich in der Region seit Jahrzehnten um Versöhnung bemüht. Sako ist der Hauptreferent der aktuellen Tagung und wird am Montagabend über die aktuelle Situation im Irak referieren.
Mit Patriarch Sako ist auch der irakische Priester Salar Bodagh nach Salzburg gekommen. Er ist einer der Projektverantwortlichen der chaldäischen Kirche für den Wiederaufbau der vom IS zerstörten christlichen Dörfer und Städte in der Ninive-Ebene. Dabei ist er u.a. verantwortlich für das kleine "Österreich-Dorf" Baqofa.
"Umbrüche im Nahen Osten"
Die ICO-Tagung steht heuer unter dem Motto "Umbrüche im Nahen Osten" und versucht, einen Spannungsbogen über die Länder des Nahen Ostens zu ziehen; von der Türkei über Syrien in den Irak und Iran, vom Libanon bis Ägypten. Mitveranstalter der Tagung ist die Salzburger Sektion der Stiftung "Pro Oriente". Von Seiten der heimischen Bischöfe nehmen neben Manfred Scheuer auch der Salzburger Erzbischof Franz Lackner, Militärbischof Werner Freistetter und der Salzburger Alterzbischof Alois Kothgasser an der Tagung teil.
Die "Initiative Christlicher Orient" unterstützt seit vielen Jahren die Christen in Syrien, im Irak, im Libanon oder auch im anatolischen Tur Abdin. Die Arbeit der von Prof. Hans Hollerweger gegründeten ICO begann 1989 mit dem Einsatz für die bedrängten christlichen Gemeinden in der Südosttürkei ("Tur Abdin"), später wurde die Hilfe auf den gesamten Orient ausgeweitet.
(Infos: www.christlicher-orient.at)
Quelle: kathpress