Caritas und Diakonie: Parteien müssen Pflege vorrangig behandeln
Caritas und Diakonie fordern von den politischen Parteien, dem Pflegethema höchste Priorität zukommen zu lassen.
Wer das Thema Pflege und insbesondere die Pflege der Angehörigen nicht auf die Spitze der politischen Agenda setzt, ist unwählbar
meinte der Tiroler Caritasdirektor Georg Schärmer in Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen bei einer Pressekonferenz in Innsbruck. Wenn sich die Politik nur dem Flüchtlingsthema widmet, dann sei dies eine "unverantwortliche Flucht" vor einem drängenden und brisanten Thema.
Der Tiroler Caritasdirektor versteht sich vor allem als Anwalt für die pflegenden Angehörigen: Für "24 Stunden, Tag und Nacht, 365 Tage im Jahr Präsenz und Hingabe" würden die großen "Leistungsträger" des Landes von der Politik zu sehr im Stich gelassen; ja manchmal sogar bestraft, indem die zustehende Mindestsicherung gekürzt wird, weil Pflegegeld "im Raum ist". Das sei ein "Unding", so Schärmer.
Der Caritasdirektor fordert einen ressortübergreifenden Aktionsplan zur Begleitung und Entlastung von pflegenden und betreuenden Angehörigen; darin enthalten etwa ein dichtes Netz an Beratungs-, Bildungs- und Begleitangeboten und die soziale Absicherung von Angehörigen. Weiters brauche es ein Recht auf Urlaub und Erholung für pflegende Angehörige und den Ausbau von Kurzzeitpflegeplätzen. Und ohne die Erschließung neuer Finanzierungsquellen für Pflege und Betreuung würden diese und viele weitere Forderungen der Caritas wohl nicht umzusetzen sein, so Schärmer.
Ältere Menschen wichtiger Teil der Gesellschaft
"Der demographische Wandel und seine Folgen für das Zusammenleben der Generationen und für Pflege und Betreuung älterer Menschen müssen im Wahlkampf breit diskutiert werden. Einzelmaßnahmen wie die begrüßenswerte Abschaffung des Pflegeregresses sind zu wenig", mahnte auch der Direktor der evangelischen Diakonie, Michael Chalupka, bei einem Pressegespräch am Donnerstag in Wien.
Ein Umbau des Pflegesystems und seiner Finanzierung seien notwendig, um zukünftig leistbare und gute Pflege möglich zu machen. Neben Geldleistungen brauche es Investitionen in ein breiteres und größeres Dienstleistungsangebot, um die Pflegelücke tatsächlich zu schließen. Alte und pflegebedürftige Menschen dürften nicht weiter buchstäblich am Rand bleiben, "sie gehören in die Mitte der Gesellschaft", so Chalupka: "Deshalb müssen wir uns dringend gesellschaftspolitisch darüber unterhalten, wie wir die Gesellschaft des langen Lebens gut gestalten wollen - und wie wir ein Altern in Würde sichern." Denn: "Ältere Menschen sind nicht nur ein Kostenfaktor, sondern wichtiger Teil der Gesellschaft."
Der Bereich der Pflege sei eine Querschnittsmaterie und damit mehr als Sozial- und Gesundheitspolitik. "Es geht genauso um Wohnen und Lebensräume, Mobilität, Bildung, Wirtschaft und Versorgung", sagte Chalupka. Es brauche beispielsweise Wohnräume, die Pflege alltagsnah ermöglichen und echte Wahlfreiheit für alle von Pflege Betroffenen schafft.
"Hospiz- und Palliativbegleitung muss ein Recht werden", forderte zudem Petra Richter, von der "Hospizbewegung Kärnten": "Einen Platz in einem stationären Hospiz, oder auch den Zugang zu einer mobilen Hospizbetreuung zu bekommen entspricht oftmals beinahe einer Gnade. Es sollte aber für alle selbstverständlich sein."
Die Diakonie setzt sich deshalb für einen Rechtsanspruch für alle auf Begleitung in der letzten Lebensphase ein, z.B. im Zuge einer Verankerung in der Krankenversicherung. Darüber hinaus brauche es endlich klare Zuständigkeiten in der Finanzierung und eine langfristige finanzielle Sicherung der Angebote. "Die Anzahl hochaltriger Personen wird wachsen, und der Bedarf an Hospiz- und Palliativversorgung wird weiter ansteigen", betonte Richter.
Pflege sei außerdem produktiv, so Diakoniedirektor Chalupka abschließend: "70 Prozent der Ausgaben in der Pflege fließen via Steuern und Sozialversicherung an die öffentliche Hand zurück."
Quelle: kathpress