Wiener Poetikdozentur: Fortsetzung mit Autor Köhlmeier
Mit einem der wohl bekanntesten österreichischen Autoren der Gegenwart startet die Wiener "Poetikdozentur Literatur und Religion" ins neue Semester: Michael Köhlmeier wird am 24. Oktober unter dem Titel "Satan und Madonna - ein Plot" an der Universität Wien vortragen und dabei über die Nähe von Gut und Böse in den Märchen "Das Mädchen ohne Hände" und "Marienkind" der Brüder Grimm sprechen (Hörsaal 47, Beginn: 18.30 Uhr). Der aus Vorarlberg stammende Autor hat sich immer wieder mir religiösen Themen auseinandergesetzt - zuletzt erschien von ihm eine Novelle über den Heiligen Antonius von Padua mit dem Titel "Der Mann, der Verlorenes wiederfindet".
Der Initiator der Poetikdozentur, der Wiener Dogmatik-Professor Jan-Heiner Tück, würdigte Köhlmeier gegenüber "Kathpress" als "großartigen Erzähler, der stark daran arbeitet, dass der religiöse und kulturelle Analphabetismus nicht weiter voranschreitet". Der Autor schaffe es mit seinen Erzählungen, auch biblische Stoffe "in heutigem Sprachgewand zu transportieren und selbst für Jugendliche zu erschließen".
Jan-Heiner Tück über Michael Köhlmeier
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Neben Köhlmeier werden im kommenden Wintersemester mit Andreas Maier (21. November) und Marion Poschmann (16. Jänner) zwei weitere Größen des deutschsprachigen Literaturbetriebes in Wien vortragen.
"Spuren des Wahren, Guten, Schönen"
Ziel der Poetikdozentur ist es, Literatur und Theologie neu aneinander heranzuführen und in ein Gespräch zu bringen, da ihnen die selben Grunderfahrungen zu eigen sind, so Tück: Literarische wie religiöse Texte würden die gesamte Bandbreite menschlicher Erfahrung aufnehmen und reflektieren. Insofern sei gerade die Literatur der Gegenwart für die Theologie interessant:
Die Pastoraltheologie ist beispielsweise oft in Subtraktionsgeschichten gefangen, wenn sie fragt, wie wir heute 'noch' von Gott sprechen können. Da muss man sagen: Nein! Fahrt die zeitdiagnostischen Antennen aus! Es gibt Spuren des Wahren, Guten, Schönen in der Welt, an die wir anknüpfen können. Wo der religiöse Analphabetismus zunimmt, da müssen wir diese positiven Sinngehalte der Religion neu erschließen.
Jan-Heiner Tück kritisiert mangelnde theologische Sensibilität
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Lernen könne die Theologie von der Literatur auch, unverkrampfter mit schwierigen Themen umzugehen: So schlage die "Stunde der Literatur" oftmals gerade da, wo es theologisch "vermeintlich peinlich" werde, so Tück weiter, "das heißt bei Themen wie Engel, Tod und Teufel". Insofern sei die literarische Verarbeitung dieser Themen zugleich eine "Anfrage an die Theologie, wie wir das mit diesen brachliegenden Dingen handhaben: lassen wir sie beiseite, weil sie nicht aufklärungskompatibel erscheinen, oder bearbeiten wir sie?"
Sammelband zur Poetikdozentur erschienen
Den Auftakt zur Wiener "Poetikdozentur Literatur und Religion" stellte im April 2016 ein Vortrag der Büchner-Preis-Trägerin Sibylle Lewitscharoff dar. Es folgten Vorträge u.a. von Thomas Hürlimann, Nora Gomringer, Christian Lehnert und Felicitas Hoppe.
Die ersten sechs Vorlesungen der "Wiener Poetikdozentur" liegen nun auch gebündelt in einem Sammelband vor. Der von Jan-Heiner Tück und Tobias Mayer herausgegebene Band enthält Beiträge von Thomas Hürlimann, Sibylle Lewitscharoff, Christian Lehnert, Nora Gomringer, Alois Brandstetter und Felicitas Hoppe. Textliche Zugänge bieten die einleitenden Texte von Tück und Mayer. Der Band "Nah - und schwer zu fassen. Im Zwischenraum von Literatur und Religion" ist im Herder-Verlag erschienen und kostet 18,60 Euro.
Infos: www.poetikdozentur.at
Quelle: Kathpress