Papst ermutigt Kolumbiens Politiker zum Aufbau des Friedens
Papst Franziskus hat Kolumbiens Politiker eindringlich dazu ermutigt, ihr Land gerecht aufzubauen. Dafür brauche es gerechte Gesetze, die auch die Ursachen struktureller Armut beseitigten. In der ersten Rede seiner Reise in das südamerikanische Land appellierte er beim Treffen mit Vertretern der Regierung und des öffentlichen Lebens am Donnerstagvormittag (Ortszeit) an die Verantwortlichen:
Hören Sie auf die Armen und die Leidenden. (...) An ihnen lernt man wirklich Lektionen des Lebens der Menschlichkeit und der Würde.
In seiner Ansprache auf dem Platz vor dem Präsidentenpalast verband der Papst die christliche Botschaft mit Kolumbiens Nationalhymne, in der es heißt: "Die ganze Menschheit, welche in Ketten schmachtet, vollzieht die Worte dessen nach, der am Kreuz starb." Die Hmyne des Landes wurde - ebenso wie die des Vatikan - zur Begrüßung des Papstes von einem Orchester gespielt.
Staatspräsident Juan Manuel Santos, im dunkelblauen Anzug, hatte den Papst zuvor auf dem roten Teppich per Handschlag begrüßt. Auch mit der Frau des Staatspräsidenten, Clemencia Rodriguez de Santos, die ein weißes Kostüm trug, wechselte Franziskus einige Worte. Vor seiner Rede begrüßte Papst Franziskus mehrere Kinder, darunter einige Menschen mit Behinderungen, sowie ältere Menschen. Ein Kinderchor sang für Franziskus ein Friedenslied. Laut Vatikanangaben war auf dem Gelände Platz für etwa 750 Zuhörer.
Kultur der Begegnung fördern
Der Papst zollte in seiner Rede all jenen Respekt, die sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten dafür eingesetzt haben, "der bewaffneten Gewalt ein Ende zu bereiten und Wege der Versöhnung zu finden". Dieser Einsatz dulde keine Pause. Der Weg, "trotz Hindernissen, Unterschieden und verschiedenen Ansätzen" eine "Kultur der Begegnung" zu fördern, sei lang. Der Mensch in seiner Würde sowie das Gemeinwohl gehörten ins Zentrum jeglicher Politik, Wirtschaft und sozialen Einsatzes. Für seine Äußerung, alle Menschen seien wichtig und "in Verschiedenheit liegt der Reichtum", gab es Szenenapplaus.
Diese Anstrengung, so warnte der Papst, müsse der Versuchung nach Vergeltung und kurzfristigen Sonderinteressen widerstehen. Kolumbiens Wahlspruch "Freiheit und Ordnung" bringe das Ziel des Wiederaufbaus im Land gut auf den Punkt: die Bürger in ihrer Freiheit zu achten und diese durch eine stabile Ordnung zu schützen. Dabei dürfe nicht vergessen werden, "dass die Ungleichverteilung der Einkünfte die Wurzel sozialen Übels ist".
Der Papst zitierte auch aus einer Rede des kolumbianischen Schriftstellers und Nobelpreisträgers Gabriel Garcia Marquez von 1982: "Dennoch ist angesichts von Unterdrückung, Plünderung und Verlassenheit unsere Antwort - das Leben." Garcia Marquez hatte in seiner Nobelpreisrede "die neue und mitreißende Utopie des Lebens" beschworen, "bei dem niemand über einen anderen entscheiden darf, eines Lebens, in dem Liebe wirklich wahr und Glück möglich ist."
Den friedlichen und gerechten Aufbau des Landes nannte Franziskus "eine schöne und edle Mission, die zugleich eine schwierige Aufgabe ist." Er sei nach Kolumbien gekommen, so der Papst am Ende seiner Rede, um den Menschen zu sagen: "dass Sie nicht allein sind und dass wir viele sind, die Sie bei diesem Schritt begleiten."
Auch das Anliegen der Bewahrung der Schöpfung brachte Franziskus vor den Politikern zur Sprache. Kolumbien sei ein "in vieler Hinsicht gesegnetes Land", so der Papst mit Blick auf die "üppige Natur" und deren Biodiversität, die einen Umgang mit Umsicht und Respekt nötig machten, sagte er.
Santos: Vergeben und versöhnen lernen
Zuvor hatte Kolumbiens Staatspräsident Juan Manuel Santos gesprochen. Er rief seine Landsleute auf zur Bereitschaft, zu vergeben und selbst um Vergebung zu bitten. "Unsere Gesellschaft hat große Dinge erreicht, angefangen mit dem Ende des bewaffneten Konfliktes mit der ältesten und größten Guerilla unseres Kontinents", so der Friedensnobelpreisträger. Kolumbien sei das einzige Land der Welt, wo heute Waffen gegen Worte eingetauscht würden, wo Waffen zerstört und in Monumente des Friedens verwandelt würden.
Es sei notwendig, sich mit der Umwelt zu versöhnen, die ein Bruder und das gemeinsame Haus der Gesellschaft sei, so Santos weiter. Es brauche "Gedächtnis, Mut und Hoffnung". Der Frieden sei allerdings durch Gefühle wie Rache in Gefahr. An Papst Franziskus gerichtet sagte Santos: "Wir erwarten und sehnen Ihre Worte herbei wie ein vertrocknetes Land das Wasser." Die Stunde der nationalen Wiederversöhnung schlage jetzt, wobei der Papstbesuch bei diesem Prozess "den ersten Schritt" - Santos berief sich dabei auf das vom Vatikan gewählte Papstreise-Motto "Machen wir den ersten Schritt" - darstelle.
Kurz zuvor hatte Santos im Beisein von Papst Franziskus eine Friedensfackel vor dem Eingang des Präsidentenpalastes entzündet. Nach den offiziellen Reden sprachen Papst und Präsident auch noch privat miteinander und tauschten Geschenke aus: Santos überreichte u.a. einen Rucksack von Indios aus der Sierra Nevada, Franziskus revanchierte sich mit einer bronzenen Mini-Via Crucis eines italienischen Künstlers.
Regierung und FARC-Guerilla hatten sich 2016 nach vierjährigen Verhandlungen auf ein Friedensabkommen verständigt. Im Rahmen dieses Prozesses übergab die Guerilla ihre Waffen an die Vereinten Nationen und gründete inzwischen eine Partei. In dem jahrzehntelangen Konflikt zwischen Staat und Guerilla starben rund 300.000 Menschen; mehr als sieben Millionen wurden zu Binnenflüchtlingen.
Quelle: kathpress