Religion im Kindergarten: Nikolaus-Stiftung gegen Ausklammerung
Gegen ein Ausklammern von Religion aus dem Kindergarten - wie vom Berufsverband gefordert - hat sich die pädagogische Leiterin des Trägervereins der Wiener Pfarrkindergärten, Susanna Haas, im "Standard" (Mittwoch) ausgesprochen. Der Verein - die St. Nikolaus-Stiftung - hat über 80 Standorte in ganz Wien. Man könne das Thema Religion auch gar nicht von der Schule oder dem Kindergarten fernhalten, es komme ja aus der Familie, so Haas: "Das Ausklammern ist fatal. Es wird alles andere ja auch zum Thema gemacht, wenn beispielsweise die Mutter wieder ein Kind bekommt oder in der Familie ein großes Fest gefeiert wurde. Warum soll dann nicht auch über religiöse Feste geredet werden, das gehört auch zum Menschsein dazu?"
Integrationsminister Sebastian Kurz ließ im Juni mit der Forderung aufhorchen, die Förderungen für Islamkindergärten einzustellen, da dort seiner Meinung Parallelgesellschaften entstehen würden. Haas hegt Zweifel, dass es in der Form, in der dieses Thema in der Öffentlichkeit diskutiert werde, auch tatsächlich so passiere, und plädiert, dass sich die Vielfalt der Religion im Kindergarten wiederfindet - "das ist eine Riesenchance". Wenn Kinder diese Vielfalt erlebten, würden sie auch die Angst davor verlieren. Wichtig sei aber, dass auch die Kindergärten besser durchmischt seien, so Haas: "Religion gehört nicht raus aus der Bildung, aber das Thema gehört kindgerecht aufbereitet und muss im Hinblick auf eine adäquate Pädagogik erfolgen."
Bei den Kindergärten der St.-Nikolaus-Stiftung würden zu den Feiertagen anderer Religionen die Eltern von Kindern mit anderem Religionsbekenntnis in den Kindergarten eingeladen, um den Kindern diese Feste näherzubringen. Man könne das Thema Religion auch gar nicht von der Schule oder dem Kindergarten fernhalten, es komme ja aus der Familie, so die kirchliche Vereinsleiterin. Der Glaube könne in Kindergärten ohnehin nicht beigebracht werden, das passiere bereits in den Familien. "Die Prägung des Kindergartens ist nicht so groß wie der Einfluss der Familie", sagte Haas. Bedenklich sei es indes, wenn nur eine Religion zum Thema gemacht werde. Auch wenn Kinder ihren Glauben nicht so zeigen dürften, wie sie es von zu Hause gewohnt seien, sei das bedenklich.
Grundsätzlich müssten bei Religion im Kindergarten zwei Ebenen betrachtet werden: "Das eine ist die Haltung der Trägerschaft, also das pädagogische Konzept zu diesem Thema. Die zweite Ebene ist die Prägung der Kinder und was sie zum Thema Religion von zu Hause mitbringen", erläuterte Haas. Bei der St.-Nikolaus-Stiftung sei das Thema Religionspädagogik im Bildungskonzept verankert. Wie sie im Kindergartenalltag gelebt werde, sei transparent für alle Interessierten nachzulesen.
Adäquate Religionspädagogik bedeute bei den Kindergärten der St.-Nikolaus-Stiftung, dass bei der Gestaltung des Jahreskreises mit Nikolaus-, Weihnachts- oder Osterfest nicht nur der kulturelle, sondern auch der religiöse Aspekt dieser Feste behandelt werde. "Ganz wichtig dabei ist aber, dass diese Inhalte so weitergegeben werden, dass Kinder das Fest positiv und stärkend wahrnehmen."
Weihnachten wird nicht zum "Packerlfest"
Kinder lebten in ihrer magischen Phase, und alles, was sie für sich erlebten und begreifen, sei sofort die Wahrheit. Das Martinsfest heiße an den Standorten der kirchlichen Stiftung weiterhin Martinsfest und nicht Lichterfest, und Weihnachten werde nicht zum Packerlfest, wie das in Kindergärten ohne religiöse Trägervereine häufig der Fall sei.
Kritik an Religion im Kindergarten äußerte im "Standard" demgegenüber die Vorsitzende des Berufsverbands der Kindergarten- und Hortpädagogen in elementaren bis sekundären Bildungseinrichtungen (ÖDHK), Raphaela Keller. Feste zu feiern sei in der Elementarpädagogik zwar ganz wichtig, dennoch gehöre Religion "raus aus dem Bildungssystem". Religion solle zwar zum Thema gemacht werden können, "aber nicht praktiziert werden", betonte sie. Religiöse Symbole hätten in einer Bildungseinrichtung "nichts verloren", ergänzte sie.
Quelle: kathpress