"Widerständige" Theologin Dorothee Sölle ist Vorbild für kfbö
Die deutsche evangelische Theologin Dorothee Sölle (1929-2003) ist als "mutige, für das Evangelium widerständige Frau des 20. Jahrhunderts" auch für die Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfbö) ein "großes Vorbild": Das hat kfbö-Vorsitzende Veronika Pernsteiner am Dienstag nach Beendigung einer "Reise auf den Spuren von Dorothee Sölle" gegenüber "Kathpress" betont. Anlass für die Fahrt von insgesamt 180 Mitgliedern der Frauenbewegung im Reformationsjahr 2017 zu zwei wichtigen Wirkungsstätten der unvergessenen Theologin - nach Köln und Aachen - war das 70-jährige Bestehen der kfbö. Auch Vertreterinnen der Evangelischen Frauenarbeit in Österreich nahmen an der jüngst beendeten fünftägigen Jubiläumsreise teil.
"Die Politik muss in die Kirchen kommen": Diesem Credo Dorothee Sölles - einer Vertreterin der Neuen Politischen Theologie - schloss sich Pernsteiner in ihrem Resümee ausdrücklich an. Die 2003 während einer Vortragsreise verstorbene Kölnerin stand für eine radikale Diesseitigkeit und eine Entmythologisierung der Bibel. In ihrem Buch "Gegenwind" (1995) hatte Sölle betont: "Theologisches Nachdenken ohne politische Konsequenzen kommt einer Heuchelei gleich. Jeder theologische Satz muss auch ein politischer sein."
"Dorothee Sölle hat das Evangelium ins Heute übersetzt und daraus die Konsequenzen für ihr politisches Handeln gezogen", hielt Veronika Pernsteiner fest. Sie sei "widerständig gewesen, auch gegen die eigene Kirche, dort, wo das Evangelium es verlangt hat". Eine ihrer bleibend aktuellen Leitfragen sei gewesen: "Was würde Jesus zu diesem Problem heute sagen?" Die kfbö-Vorsitzende erinnerte als Beispiel an die von Sölle initiierten Politischen Nachtgebete in Köln als Reaktion auf den Vietnamkrieg und an ihr Zitat "Da kann man nichts machen, ist ein gottloser Satz". Mit ihrem mutigen Auftreten und ihrem "konsequenten Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und die Schöpfung" sei sie bis heute "ein großes Vorbild für uns Frauen", so Pernsteiner.
Für eine "Mystik mit offenen Augen"
In der Kölner Christus-Kirche am Dorothee-Sölle-Platz 1 lud die kfbö im Rahmen der Jubiläumsreise zu einem "Dorothee-Sölle-Abend", an dem auch Vertreterinnen der beiden deutschen Katholischen Frauenverbände zugegen waren: die stv. Vorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbunds, Elfriede Schiessleder, und die stv. Vorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands, Agnes Wuckelt. Bärbel Wartenberg-Potter, ehemalige evangelisch-lutherische Bischöfin sowie Weggefährtin und Grabrednerin Sölles, betonte in ihrem Hauptvortrag deren "Mystik mit offenen Augen": Die Frage nach Gott und die Sprache über Gott nach Auschwitz sei Sölle ebenso am Herzen gelegen wie die Frage nach dem Leid, die atomare Aufrüstung und die Umweltzerstörung. Kurz vor ihrem Tod habe Sölle gesagt: "Ich bin zufrieden, wenn ich ein Tropfen in Gottes Meer der großen Liebe sein kann." Die Schauspielerin Marianne Rogee ("Lindenstraße") trug an diesem Abend Texte der Mystikerin vor, berichtete Veronika Pernsteiner weiter.
Ein weiteres Highlight für die große Reisegruppe sei der Sonntagsgottesdienst mit dem Geistlichen Assistenten der Frauenbewegung, P. Franz Helm SVD, in der Klosteranlage Heisterbach gewesen. Laut Pernsteiner formulierten Mitreisende dabei im Kyrie ihre Klagerufe zu politischen Gegenwartsfragen wie Leihmutterschaft, Klimawandel oder Menschenhandel. Das Jahresthema der kfb, "Frauen.Leben.Stärken", sei mit der Jubiläumsreise "auf beeindruckende Weise eingeläutet" worden, so Pernsteiner abschließend.
Quelle: kathpress