Abschaffung des Pflegeregresses hat nicht nur Vorteile
Die Abschaffung des Pflegeregresses ist zwar wie die Verlängerung des Pflegefonds bis 2021 ein sozialpolitisch wichtiger Schritt, hat aber nicht nur Vorteile: Darauf wies Caritas-Präsident Michael Landau am Rand des Europäischen Forums Alpbach im Gespräch mit der "Presse" (Dienstag) hin. Vor allem in der Anfangsphase sei mit einem verstärkten Trend in Richtung stationärer Pflege zu rechnen - "und das, obwohl die Betreuung in den eigenen vier Wänden viel eher dem Wunsch der Betroffenen entspricht", so Landau. Auch der Kostenfaktor sei zu beachten: "Ein Spitalsbett ist für Betroffene die kostengünstigste Variante", so der Caritas-Chef, "gesamtgesellschaftlich ist es aber die teuerste." Er plädierte für Hauskrankenpflege in Kombination mit mobiler Betreuung.
Laut Landau gelte es die Bedeutung der Pflege durch Angehörige daheim zu heben und dabei vorhandene Lücken zu schließen - etwa mit stundenweisen Betreuungsangeboten, Kurzzeitpflege oder Tageszentren, die auch an Wochenenden und Feiertagen geöffnet haben. Auf diese Weise sollten Angehörige entlastet werden, die oft 24 Stunden am Tag im Einsatz sind. Hilfreich wäre eine "aufsuchende Pflegeberatung", die etwa praktische Fragen aufgreift - zum Beispiel, wie ein pflegebedürftiger Elternteil richtig bewegt oder ernährt wird oder wie in rechtlichen Angelegenheiten vorzugehen ist.
Landau sprach sich gegenüber der "Presse" auch für ein Überdenken der bisherigen "Sozialhilfelogik" aus: Früher sei Pflegebedürftigkeit aufgrund der geringeren Lebenserwartung noch ein kleineres Risiko gewesen. Das ändere sich: "Derzeit sind fünf Prozent der Bevölkerung über 80 Jahre alt. 2050 werden es mit 11,5 Prozent mehr als doppelt so viele sein", wies der Caritas-Präsident hin. Damit werde sich auch die Zahl der Demenzkranken - derzeit 115.000 bis 130.000 - verdoppeln. Die bisherige Logik, "dass die Betroffenen unverhältnismäßig hoch belastet und die Nichtbetroffenen verschont werden", müsse sich nun ändern, sprach sich Landau für eine solidarische Form der Finanzierung aus, die unabhängig sei "von der privaten Geschicklichkeit, Vermögen rechtzeitig zu verschenken".
Landau kritisierte in dem Interview auch die derzeitige Ausrichtung der Politik auf das Thema Sicherheit im - und das mit einem sehr engen Fokus: "Sicherheitspolitik bedeutet auch Arbeit, Wohnraum, Bildung, Gesundheit und Pflege - weil das den sozialen Zusammenhalt sichert."
Quelle: kathpress