Ordensfrauen innerkirchlich stärker wahrnehmen
Mehr gegenseitige Wertschätzung im gesellschaftlichen Diskurs mahnt Sr. Franziska Bruckner, Vizepräsidentin der Vereinigung der Frauenorden Österreichs (VFÖ), ein: Menschen am Rand der Gesellschaft sollten stärker wahrgenommen werden, so ihr Appell in einem Interview in der aktuellen Ausgabe der St. Pöltner Kirchenzeitung "Kirche bunt". Bruckner nimmt darin u.a auch zu den viel diskutierten Themen des Frauendiakonats und Frauenpriestertums Stellung und wünscht sich innerkirchlich mehr Wertschätzung für Ordensfrauen.
"Tiefe Ehrfurcht und großer Respekt" seien in der Gesellschaft in vielen Fragen des Umgangs miteinander nötig, so die Ordensfrau. In einer globalisierten Welt, in der viele an den Rand gedrängt seien, sei dafür ein Ringen und Suchen nach einem wertschätzenden Umgang mit dem menschlichen Leben in seiner ganzen Fülle nötig. Weiters gehe es auch um die Bewahrung der Schöpfung, "dass wir gut und lebensgerecht mit allen Menschen und mit der Natur umgehen".
Mehr Offenheit und Toleranz wünsche sie sich auch gegenüber dem Ordensleben, gerade in Zeiten, in denen viele Menschen spürbar nicht mehr kirchlich sozialisiert sind, so die VFÖ-Vizepräsidentin. Speziell die Ordensfrauen sollten auch innerkirchlich stärker wahrgenommen werden: "Ich glaube, dass es notwendig und hilfreich ist, wenn das geweihte Leben in seinen vielfältigen Formen in der Ausbildung von Priestern, Diakonen bzw. bei den Laientheologen intensiver behandelt wird und Möglichkeiten zur Begegnung geschaffen werden." Das vertiefe das gegenseitige Verständnis und diene dem gemeinsamen Auftrag aller Christen in der Welt von heute.
Zum Diakonat und Priestertum auch für Frauen meint die Ordensschwester: "Für mich persönlich ist es kein Problem, dass ich keine Eucharistiefeier leiten kann, aber ich weiß, dass es Schwestern gibt, für die das wichtig wäre und die darunter wirklich leiden, dass sie das nicht tun dürfen." Bruckner verweist auf eine Aussage von Papst Franziskus, wonach dieser beschreibt, wie schön es sei, wenn er in der Beichte als Priester die Lossprechung zusagen dürfe. "Und da habe ich in mir die Frage gespürt: Warum darf einer Frau solch eine tiefe Erfahrung nicht geschenkt sein?", so die Ordensfrau.
Realität des Alterns und Kleinerwerdens
Angesprochen auf die Situation, dass es in Österreich immer weniger Ordensfrauen gibt und die noch Verbliebenen im Schnitt immer älter werden, plädiert Sr. Bruckner für Realismus. Der Blick müsse ihres Erachtens immer in zwei Richtungen gehen: "Es geht zum einen um die Apostolate, die sich in konkreten Werken zeigen, und es geht um die Menschen in den Gemeinschaften." Die Gesellschaft, dabei explizit aber auch die Frauenorden, sei herausgefordert, "die Realität des Alterns und des Kleinerwerdens zu akzeptieren. Wir schauen dankbar auf das, was uns geschenkt wurde, und auf das, was wir im Heute mit den Menschen teilen dürfen".
Bruckner ist nicht nur VFÖ-Vizepräsidentin, sondern auch Generaloberin der Gemeinschaft der Franziskanerinnen Amstetten. Deren Bildungseinrichtungen seien bereits 2007 in einen Verein ausgegliedert worden. "So soll gesichert werden, dass diese weiterhin als katholisch und franziskanisch geprägte Privatschulen ein alternatives Bildungsangebot sein können", erläutert die Generaloberin.
Sehr wichtig und hilfreich sei auch die Vernetzung der Orden, speziell auch der franziskanischen Ordensgemeinschaften. Bruckner: "Ich sehe darin eine große Chance in unserer Zeit. Gerade in der religiös-spirituellen Begleitung unserer Mitarbeiter liegt ein spannendes und weites Feld des Dienstes jeder einzelnen Ordensfrau - auch unserer Gemeinschaft."
"Funke muss überspringen"
Zur Frage, was man denn mitbringen müsse, wenn man in einen Orden eintreten will, meint die Ordensfrau: "Grundlegend ist für mich die Sehnsucht nach dem Leben mit Gott und die Bereitschaft für ein Leben nach dem Evangelium." In der Freude sich gemeinsam zu engagieren und einzusetzen, liege eine weitere Kraftquelle, um sich den vielfältigen und oft konträren Herausforderungen im Alltag zu stellen und sie zu bewältigen. Dazu brauche es menschliche und geistliche Kompetenzen, "die zum einen mitgebracht werden müssen, zum anderen im Lauf des Lebens erworben werden". Leben in einer Ordensfamilie baue wesentlich auf Beziehungsfähigkeit auf, "sonst sind beide überfordert - die Person und die Gemeinschaft".
Zur Frage, wie junge Leute wieder für das Ordensleben gewonnen werden können, zeigt sich Bruckner überzeugt, dass es keinen allgemeingültigen Weg gibt. Berufungen ließen sich nicht erzwingen: "Ich glaube, das ist so, wie wenn man sich verliebt: Da muss der Funke einfach überspringen." Gute Erfahrungen habe sie mit dem "Franziskanischen Berufungsjahr" gemacht, das der Orden 2016 angeboten hatte und das es auch heuer ab Oktober wieder geben wird. Bruckner: "Wir haben uns an fünf Wochenenden mit interessierten jungen Menschen getroffen und mit ihnen diskutiert, gebetet, gearbeitet und gefeiert. Ich glaube nicht, dass da irgendjemand aktiv angesprochen wurde, aber drei der insgesamt zwölf Teilnehmer haben sich für das Ordensleben entschieden."
Quelle: kathpress