"Fremdes bereichert Gesellschaft"
Dass Fremdes die Gesellschaft bereichert, war der Tenor bei einem Pressegespräch der Ordensgemeinschaften im Rahmen ihrer Reihe "5 vor 12". Als Schauplatz wurde am Dienstag mit einem Bahnsteig auf dem Wiener Hauptbahnhof ein außergewöhnlicher Ort für ein Pressegespräch gewählt, der zugleich zum Thema passte, kamen 2015 doch tausende Flüchtlinge dort an. Der Verein "Train of hope" hatte damals viele der Heimatvertriebenen betreut und setzt sich jetzt für deren Integration ein. Manuela Etl vom "Train of hope" war am Bahnhof ebenso Gesprächspartnerin wie der Abtpräses der Benediktiner in Österreich, Christian Haidinger, Sr. Maria Irina Teiner von den Schulschwestern vom 3. Orden des hl. Franziskus und Josef Buttinger, Gründer und Präsident der hr-lounge.
Dass auch aus Notsituationen Geflohene durchaus etwas in die Gesellschaft einbringen könnten, darüber waren sich die Teilnehmer einig. "Diese Menschen bereichern die Gesellschaft sowohl mit ihren Fähigkeiten und Talenten als auch durch ihre Kultur und Traditionen, die sie mitbringen", betonte Etl im Widerspruch zur Abwehrhaltung gegenüber Flüchtlingen in Teilen der Gesellschaft. Vorbehalte würden politisch verstärkt durch Botschaften wie "Fremdes ist schlecht". Das schüre die Ängste der Menschen vor dem, das sie nicht kennen, so Etl. Gerade wenn wichtige Persönlichkeiten und Vorbilder zu einem negativen Stimmungsbild beitrügen, drohe "eine Katastrophe".
Kritik übte Etl aber auch an der Kirche. Auch dort gebe es Verantwortliche, die Angstbotschaften verbreiten - "obwohl ich mich nicht erinnern kann, dass in der Bibel jemals gestanden ist, wir sollen Grenzzäune bauen oder nicht teilen". Freilich werde das Christeentum aber auch politisch vereinnahmt, um etwa geschlossene Grenzen zu rechtfertigen. Die "Train of hope"-Vertreterin: "Christliche Identität" werde benutzt, um eine Abgrenzung zu rechtfertigen.
Auch muslimisch dominierte Gesellschaften würden sich von allem Christlichen abgrenzen, wies Etl hin. Auch dort sei das missbräuchlich, "denn sowohl in der Bibel als auch im Koran findet sich diese Abgrenzungstendenz nicht".
Etl plädierte für eine Öffnung des Arbeitsmarktes für Flüchtlinge: "Die Leute brauchen Jobs, die müssen was tun. Sie wollen nicht zwei Jahre im Camp sitzen." Die Zusammenarbeit mit Firmen gestalte sich aber schwierig - was zum Teil verständlich sei, weil diese anfangs eine Mehrbelastung bewältigen müssten. Langfristig gesehen, sei Arbeit für Asylwerber aber eine Zukunftsinvestition, betonte Etl. Sie lobte einzelne Konzerne, die Flüchtlinge etwa ein Volontariat ermöglichen.
Orden international tätig
International agieren laut Sr. Maria Irina Teiner auch die Schulschwestern vom 3. Orden des hl. Franziskus. Die Gemeinschaft hat Standorte in Argentinien, in den USA und in Österreich. Seit dem letzten Generalkapitel seien auch im Generalrat alle drei Regionen vertreten. Das sei eine sprachliche und kulturelle Herausforderung, so die Ordensfrau. Im Umgang mit verschiedenen Kulturen setze die Gemeinschaft auf persönliche Begegnung. Sr. Maria: "Ich habe alle Regionen bereits bereist und dabei festgestellt: Nur in der persönlichen Begegnung kann es gelingen, dass die Situation des anderen wirklich wahrgenommen wird, um so Probleme zu lösen".
Eine Begegnung mit diesem Unbekannten, müsse aber gut vorbereitet werden, so die Ordensfrau. Misslungen sei das ein wenig bei der Ost-Öffnung der EU. Das habe nämlich nicht nur Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt gehabt, "diese Menschen bringen auch ihre Kultur und ihre Religion mit".
Dass Fremdes bereichert, hat Abtpräses Haidinger - wie er berichtete - schon oft erfahren. Er verwies auf sein Studium am internationalen Kolleg der Benediktiner in Rom: "Das war ein intensives Zusammenleben mit Studenten aus aller Welt", so der Vorsitzende der Superiorenkonferenz der Männerorden Österreichs. Spürbar werde die Auswirkung der Internationalisierung auch in vielen Ordensgemeinschaften - und das seien, so Haidinger, durchaus positive Erfahrungen. Es gebe das Bemühen, internationale Gemeinschaften aufzubauen: "Wir möchten dieses Zusammenleben in der klösterlichen Gemeinschaft ausbauen."
Auf persönliche Begegnungen setzt auch der Wirtschafler Josef Buttinger. "Wenn ich mit niemandem Fremden in Berührung komme, dann habe ich nur ein Bild von diesem, das durch mein Umfeld und meine Familie geprägt ist." Deshalb sei das auch ein gesellschaftliches Thema. Eine globale "Einheitskultur" und "Einheitsreligion" wolle er allerdings nicht. "Wir haben unsere Werte und unsere Kultur, und da müssen wir auch das Recht haben zu sagen, das hat hier keinen Platz", sagte Buttinger mit Bezug auf Radikalisierungen.
Quelle: kathpress