Erzbischof Lackner eröffnet "Salzburger Hochschulwochen" 2017
Ganz im Zeichen des Streits um einen zeitgemäßen Zugang zum Begriff der Öffentlichkeit stand der Auftakt der heurigen "Salzburger Hochschulwochen". Bezeichnet Öffentlichkeit ein Forum, auf dem um Wahrheit und Geltung gerungen wird? Oder ist es überhaupt noch statthaft, angesichts von vielfältigsten Foren und Formen von "der" Öffentlichkeit zu sprechen? Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner votierte in seinem Eröffnungsstatement für das Festhalten an einem normativen Begriff von Öffentlichkeit, der Bonner Philosoph Markus Gabriel hingegen plädierte für eine Überwindung der Vorstellung eines dialogischen Zugangs zur Wahrheit.
In den kommenden sechs Tagen werden auch heuer wieder rund 700 Studierende und Interessierte aus dem gesamten deutschen Sprachraum in Salzburg Vorträge hören, Workshops besuchen und an Debatten teilnehmen können. Die traditionsreichen "Salzburger Hochschulwochen" dauern bis 6. August und stehen heuer unter dem Thema "Öffentlichkeiten". Höhepunkte bilden die Verleihung des Theologischen Preises an den Moraltheologen Eberhard Schockenhoff am Mittwoch, 2. August, ein Gartenfest im Garten des Erzbischofs u.a. mit Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler am Donnerstag sowie ein Akademischer Festakt mit dem Jenaer Starsoziologen Hartmut Rosa am Sonntag, 6. August.
Erzbischof Lackner würdigte das Ringen um Öffentlichkeit und Dialog als ein "ehrliches Interesse, die Wahrheit zum Durchbruch zu bringen". Dies sei ein "uraltes Anliegen der Menschheit" und dürfe auch heute nicht aufgegeben werden. Zugleich gelte es allerdings zu beachten, dass Wahrheit, die in Öffentlichkeit drängt, stets "dialogisch" und damit "essenziell angewiesen auf ein ehrliches Gegenüber" sei. Gesellschaft wie auch Kirche würde indes daran kranken, diesen dialogischen Charakter zu wenig zu beachten, zeigte sich Lackner überzeugt.
Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer würdigte in seinem Grußwort die Hochschulwochen als "Begegnungsort" und "Stätte des Austauschs, der Vielfalt und der Meinungsbildung" - insofern stünden sie "paradigmatisch dafür, was Salzburg sein kann und sein will". Bezüglich des Themas Öffentlichkeiten zeigte sich Haslauer skeptisch, ob gerade angesichts der rasanten Entwicklung der Online- und Sozialen Medien ein normativer Begriff von Öffentlichkeit überhaupt noch aufrecht erhalten werden könne. Es herrsche ein allgemeiner Voyeurismus und ein gleichzeitiger Rückzug des Individuums in die "private Komfortzone" - ein "digitales Biedermeier", so Haslauer. Selbst seriöse Medien täten sich zusehends schwer, dem Sog der "Postfaktizität" und dem Drängen nach bloßer Emotionalisierung im Netz zu entgehen.
Der Obmann der Salzburger Hochschulwochen, Martin Dürnberger, verwies seinerseits auf die enge ideengeschichtliche Verzahnung von Aufklärung, Vernunft und Öffentlichkeit. "Öffentlichkeit und Vernunft sind kommunizierende Gefäße. Darin liegt ihr Humanitätsversprechen: dass sich das je bessere Argument durchsetzen wird" - und dies zu einem Wachstum der Humanität führe. Tatsächlich mache es die rasante mediale Entwicklung zunehmend schwierig, diesem Versprechen Glauben zu schenken, so Dürnberger: "Das Internet ist kein egalitärer 'Space of reason' mehr, sondern ein digitaler Raum des Wahnsinns." Diese Entwicklung lasse auch die Kirche nicht kalt, da Kirche zuvorderst ein Kommunikationsgeschehen sei.
Infos zum Programm und zu den Referenten: www.salzburger-hochschulwochen.at
Quelle: kathpress