"Das Gespenst der Postmoderne verjagen"
Für eine Bekämpfung der letzten, wenngleich hartnäckigen Fragmente der Postmoderne hat sich der Bonner Philosoph Markus Gabriel ausgesprochen. Postmodern sei etwa die noch immer breit rezipierte Position, dass Öffentlichkeit der Ort sei, wo nicht um die Geltung von Wahrheitsansprüchen gestritten wird, sondern wo Wahrheit an sich durch Konsensbildung verhandelt wird. Dieser Ansatz, der die deutsche Nachkriegsphilosophie und ihr gesamtes Nachdenken über Öffentlichkeit und Medien beherrscht und der mit dem Namen Jürgen Habermas verknüpft ist, müsse überwunden werden zugunsten eines "neuen Realismus", forderte Gabriel bei seinem Eröffnungsvortrag zu den heurigen "Salzburger Hochschulwochen". Die renommierte Sommeruniversität findet noch bis 6. August zum Thema "Öffentlichkeiten" statt.
Der disparate Zustand der Öffentlichkeit lasse sich laut Gabriel auf die "Dialektik der Postmoderne" selber zurückführen: Insofern sie nämlich Wahrheit nur mehr als diskursiv zerfaserte Wahrheit verstehe, habe sie auch die Möglichkeit der politischen Repräsentation, also der Stellvertretung in Zweifel gezogen. Damit aber werde Öffentlichkeit zu einem gleichsam apathischen, ins Belanglose und Beliebige zerfallenden Raum, in dem gar nicht mehr erst ein Wahrheitsanspruch erhoben wird.
Der Grund dafür macht Gabriel in einer Verwechslung aus: So gehe es im öffentlichen Diskurs schließlich nicht darum, Wahrheit und Wissen zu verhandeln, sondern Wahrheits- und Wissensansprüche - was einen großen Unterschied darstelle, insofern ein Anspruch korrigierbar und widerlegbar ist, die Behauptung von Wahrheit indes nicht. "Wenn wir aber aus dem Scheitern-Können von Wissensansprüchen gleich darauf schließen, dass wir gar nichts wissen können, so ist das ein schockierender Fehlschluss", so Gabriel.
Dagegen formiere sich auch innerhalb der Philosophie seit rund zehn Jahren Widerstand unter dem Namen "neuer Realismus" - eine Strömung, der sich auch Gabriel selbst zuzählt. Intention dieser Bewegung ist es, die These der Postmoderne zu widerlegen, dass Wirklichkeit nicht allgemein beschreibbar ist und auch nicht an sich existiert, sondern etwa nur ein Produkt neuronaler Verstrickungen im Gehirn ist. Dagegen mache der "neue Realismus" geltend, dass es eine beschreibbare Wirklichkeit gibt, die im Forum der Öffentlichkeit repräsentiert und verhandelt werden muss. Wo dies - wie im Fall der Postmoderne und ihrer letzten Vertreter - geleugnet werde, da sei dies zum Schaden nicht nur der Philosophie, sondern "zum Schaden der Menschen".
Infos zum Programm und zu den Referenten: www.salzburger-hochschulwochen.at
Quelle: kathpress