"Ökologische Umkehr" gemeinsames Anliegen aller Kirchen
Den Klimawandel zu verlangsamen und die Umwelt nachhaltig zu schonen kann nur dann gelingen, wenn es neben technologischen Maßnahmen auch zu einem grundsätzlichen Umdenken in der Gesellschaft und zu einem maßvolleren Lebensstil kommt, wozu die Kirchen einen wesentlichen Beitrag zu leisten hätten: Das war der Tenor am Freitag bei der Abschlussdiskussion der 19. Ökumenischen Sommerakademie im Stift Kremsmünster. Der Kärntner Bischof Alois Schwarz, der oberösterreichische evangelische Superintendent Gerold Lehner und der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Cilerdzic referierten und diskutierten über den notwendigen Beitrag der Kirchen zu dieser ökologischen Umkehr.
"Eine angepasste Kirche bringt dieser Welt gar nichts." Mit diesen Worten plädierte Superintendent Lehner für die ökologische Umkehr, zu der jeder einzelne Christ wie die Kirche als ganze aufgerufen sind. "Wir Christen dürfen uns nicht länger vor der Frage drücken, inwieweit unser Lebensstil Umweltzerstörung und Leid auf dieser Welt bewirken." Es brauche einen "Kulturwandel im Alltäglichen", im Leben jedes einzelnen Menschen, so Lehner.
Die vom oberösterreichischen Superintendenten geforderte ökologische Umkehr dürfe sich freilich nicht in einem bestimmten Maßnahmenprogramm erübrigen. Der Referenzrahmen dafür sei die Wahrnehmung der Welt als Schöpfung Gottes. Ökologische Umkehr sei deshalb zuallererst auch Umkehr zu Gott, "zum Schöpfer, Erlöser und Vollender seiner Schöpfung". Nur dies könne letztlich alle Allmachtsphantasien des Menschen hinsichtlich der Welt begrenzen, zeigte sich Lehner überzeugt.
"Laudato si" konkretisieren
Bischof Schwarz erinnerte u.a. daran, dass die österreichische Bischofskonferenz 2015 für alle heimischen Diözesen vorgegeben hatte, bis 2017 die Umweltenzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus zu konkretisieren. Dazu gehörten u.a. nachhaltige Leitlilien aller Diözesen, eine Klimaschutz- und Energiestrategie samt Umsetzungsplan sowie eine öko-soziale Beschaffungsordnung. Über gemeinsame kirchliche Kaufentscheidungen solle dabei die gesamte Wirtschaft öko-sozial beeinflusst werden, so das Ziel der Bischöfe. Bischof Schwarz ist in der Österreichischen Bischofskonferenz u.a. für das Thema Ökologie zuständig.
In der Diözese Klagenfurt, der Schwarz vorsteht, wurde vor Kurzem entsprechende Leitlinien verabschiedet, die die 336 Pfarren und andere Einrichtungen der südlichsten Kirchenprovinz Österreichs zu nachhaltigem Wirtschaften verpflichten. Jede Pfarre soll künftig einen Umweltbeauftragten haben, nach Möglichkeit erneuerbare Energiesysteme installieren und Energiekennzahlen veröffentlichen. Auch Konsum von fair gehandelten Bio-Produkten und Reduktion des Müllaufkommens sind Teile der "Entscheidungs- und Orientierungshilfe".
Bischof Schwarz wies weiters auch auf kirchliche ökumenische Initiativen wie die kirchliche Schöpfungszeit, die Aktion "Autofasten" oder die spirituell-ökologische Bildungsinitiative "Pilgrim" hin. Für 2018 hätten die Kirchen zudem einen Umweltpreis für Pfarren ausgeschrieben.
Neben den innerkirchlichen Aktivitäten müssten die Kirchen auch verstärkt ökologische Initiativen wie ethische Geldanlagen oder die öko-soziale Marktwirtschaft unterstützen und fördern, sagte der Bischof. Er sprach sich auch für eine ökologische Steuerreform aus.
Über all dies hinaus müsse die Kirche aber auch zu einem fundamentalen Umdenken in der Gesellschaft beitragen. Schwarz ging kritisch mit der allumfassenden Digitalisierung der Gesellschaft ins Gericht und rief dazu auf, das gängige Konsumdenken bzw. die dazu verleitende Werbung kritisch zu hinterfragen. "Warum sagen wir den Menschen nicht, dass sie Ebenbild Gottes sind und wertvoll sind, dass sie zu uns gehören, auch ohne moderne Smartphones?"
Krise auch geistig-spirituell
Der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Cilerdzic wollte einmal mehr mit dem Vorurteil aufräumen, dass sich die Orthodoxie vor allem auf die Liturgie konzentriere und andere Bereiche von Welt und Gesellschaft außen vor lasse. Schon die alten Kirchenväter hätten immer auch die sozialethischen und ökologischen Fragen im Blick gehabt. die Orthodoxie sei gerade auch im Bereich der Schöpfungsverantwortung seit vielen Jahrzehnten ökumenisch engagiert.
Die aktuelle ökologische Krise sie vor allem auch eine geistige spirituelle Krise, zeigte sich der Bischof überzeugt. Das christliche Bild vom Menschen als "Hausverwalter", dem die Welt von Gott lediglich zur Verwaltung übergeben wurde, müsse wieder stärker präsent werden. Der Einsatz für die Schöpfung sei eine Herausforderung und Aufgabe, der sich alle Kirchen gemeinsam zu stellen hätten, unterstrich der Bischof.
Wirtschaft ohne Wachstum
Der Oldenburger Ökonom Prof. Niko Paech sprach sich in seinem Vortrag am Freitag für eine "Postwachstumsökonomie", also eine Wirtschaft ohne Wachstum aus. Die lang gehegte Hoffnung, dass wirtschaftliches Wachstum durch technischen Fortschritt nachhaltig oder klimafreundlich gestaltet werden kann, bröckle, so seine These. Auch würden Ressourcen, auf deren unbegrenzter und kostengünstiger Verfügbarkeit das industrielle Wohlstandsmodell bislang basierte, knapp. Zudem nähre die Glücksforschung den Befund, dass die Steigerung des monetären Einkommens ab einem gewissen Niveau keine weitere Zunahme an subjektivem Wohlbefinden mit sich bringt.
All die vielen neuen Technologien, die den Menschen vermeintlich Zeit sparen helfen, würden tatsächlich genau das Gegenteil bewirken, so Paech weiter. Immer mehr Produkte würden um die gleichen Zeitressourcen konkurrieren. Der Zeitwohlstand nehme ab. Zudem sei die psychische Kapazität des Menschen begrenzt und so sei es kein Wunder, dass jeder dritte Europäer inzwischen gefährdet sei, "psychisch abzustürzen".
Paech plädierte für eine "Befreiung vom Überfluss". Es gelte, das Leben zu entrümpeln und auf das Wesentliche zu reduzieren. So könne eine Reduktion des Konsums zu einer Steigerung des Wohlbefindens führen. Auf der makroökonomischen Ebene müsste die Industrieproduktion selektiv an den richtige Stellen reduziert werden. Zugleich brauche es auf der anderen Seite eine Stärlkung der Regionalökonomie. Diese "Wirtschaft der kleinen Einheiten" könne die Reduktionen im Bereich der Industrie kompensieren. Das sei freilich auch ein Plädoyer für kürzere Wege und eine wieder stärker "deglobalisierte Welt".
Die Ökumenische Sommerakademie im Stift Kremsmünster, die am Freitag zu Ende ging, war heuer dem Thema "Schöpfungsethik" gewidmet. Veranstalter der Tagung waren u.a. die Katholische Privat-Universität Linz, das evangelische Bildungswerk Oberösterreich, der Ökumenische Rat der Kirchen, die Kirchenzeitung der Diözese Linz, das Stift Kremsmünster, das Land Oberösterreich sowie die ORF-Religionsabteilungen in Fernsehen und Hörfunk.
Eine umfassende Nachlese der Sommerakademie bietet die Website der Diözese Linz. U.a. werden alle Beiträge der Referenten als Audio-Files zum Nachhören angeboten. (www.dioezese-linz.at/sommerakademie)
Quelle: kathpress