Mehr Hilfe bei Migration und Flucht
Für ein Mehr an Hilfe bei Migration und Flucht plädiert der langjährige UNHCR-Mitarbeiter und frühere Flüchtlingsberater der Bundesregierung, Kilian Kleinschmidt. "Migration ist und war immer Teil der Weltgeschichte, kein Fortschritt ohne Migration", so der Experte in einem Interview in der aktuellen Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag". Von der Flüchtlingswelle und den Krisen im Jahr 2015 erhofft er sich eine Art "Schocktherapie", die dabei helfen soll, "uns auf unsere Werte wieder zu besinnen: der Traum vom Projekt Europa und einer friedlichen Gesellschaft".
Kleinschmidt beklagt eine Vermischung von "notwendiger Migration und Immigration" mit einer "komischen Angst vor dem Islam und anderen Kulturen" in Europa. Er sei zwar grundsätzlich für den Schutz der Außengrenzen, "aber keine Burg überlebt, indem man die Fallbrücken hochzieht, sondern sie lebt davon, dass es einen Austausch gibt". Für Europa wünscht er sich "viel mehr Toleranz untereinander gegenüber denjenigen, die vielleicht anders denken, anders handeln und anders sprechen. Das würde uns allen helfen".
Humanitäre Hilfe alleine könne das Problem in vielen Ländern nicht lösen, so der Experte. Kein einziges Land sei je dank humanitärer Organisationen oder Entwicklungshilfe aus der Armut gekommen. Im Gegenteil: "Abhängigkeiten wurden geschaffen. Die 45 Milliarden Euro im Jahr an globaler humanitärer Hilfe ist nur ein Tropfen auf einen sehr heißen Stein." Deshalb plädiere er für ein Umdenken, "um alle Menschen in die moderne Welt zu bringen".
Genügend Ressourcen und Knowhow gebe es bereits und auch genug Geld. "Für jedes Problem wurde im Grunde schon eine Lösung gefunden. Das müssen wir sichtbar machen und ärmeren Menschen zugänglich machen." Sein aktuelle Startup-Unternehmen "IPA - Innovation and Planning Agency" verbinde Wissenschaft, Forschung und die Privatwirtschaft mit anderen Strukturen. Die Plattform sei das digitale Instrument seiner Vision, "man könnte auch 'humanitäre Hilfe 2.0' dazu sagen".
Katholischen Hilfswerken steht er positiv gegenüber, auch wenn "Strukturen und Organisationen, die durch einen Glauben geprägt sind, aufpassen müssen, dass sie nicht Umsetzer von Machtsystemen werden". Andererseits sei der Glaube im Grunde die Basis für das soziale Denken und Agieren, ein wichtiger Teil der Gesellschaft und stärke den Zusammenhalt. "Etwas, das bei uns manchmal fehlt, weil sehr viele von negativen Emotionen getrieben werden."
Quelle: kathpress