Narzissmus ist Gesellschaftskrankheit
In seiner Predigt in Bad Mitterndorf am Sonntag, den 9. Juli, das ist der 14. Sonntag im Jahreskreis, betonte Wilhelm Krautwaschl, Bischof der Diözese Graz-Seckau, wie wichtig "Kleinheit" und Demut für ein christliches Leben sind. Anlass gab eine seiner "Lieblingsstellen" in der Bibel, die in der Einheitsübersetzung lautet: "Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast." Die Predigt kann auf der Website der Katholischen Kirche Steiermark nachgelesen werden.
Für Krautwaschl schwingt hier die Vorstellung mit, "dass nicht das Wissen, und damit Größe und Gescheitheit nach Menschenmaß wichtig ist, um die Geheimnisse Gottes zu wissen, sondern dass die Kleinheit zählt, das Kindsein". Gott werde immer eher denen bewusst sein, die nicht sich selbst in den Mittelpunkt stellen würden: "Und einen solchen Lebensstil haben wir sehr nötig, in der Kirche und überhaupt in der Welt."
Dass viele Menschen von sich selbst zu eingenommen seien, würde im Kleinen wie im Großen der Welt deutlich, so Krautwaschl. "Als eine der Gesellschaftskrankheiten kann tatsächlich der Narzissmus bezeichnet werden." Das verbreitete Denkmuster "Solange der andere denkt wie ich, solange akzeptiere ich ihn" sieht der Diözesanbischof auch in der römisch-katholischen Kirche: "Solange - neuerdings interessanterweise verstärkt durch jene, die immer auf den Gehorsam gepocht haben - der Papst das sagt und denkt wie ich, solange akzeptiere ich ihn."
Nicht das Wissen mache es aus, sondern das Hinhören auf Gott. Gefordert sei "ein demütiges Leben, das diesen Namen wirklich verdient". Das ist Krautwaschl zufolge der Schlüssel dafür, wie eine Reform der Kirche funktionieren muss: "Eben nicht so, dass die einen meinen, was denn alleinseligmachend und daher auf alle Fälle richtig und recht sei, und die anderen haben sich gefügig dem zu ergeben." Es ginge darum, "was der Geist den Gemeinden sagt", sagte der Bischof, die Offenbarung des Johannes zitierend.
Die Suche nach dem, was das Evangelium uns für die konkrete Situation heute - "und eben nicht gestern" - auftrage, setze die Bereitschaft zum Hinschauen auf die Lebensrealität der Menschen voraus. Zum Abschluss der Predigt wies Krautwaschl auf Jesus Christus als "Antwort für den Alltag" hin. Zu ihm hinzuführen sei hier und jetzt Auftrag der Kirche.
Quelle: kathpress