Reformation revolutionierte die Musik
Die vor 500 Jahren in Gang gekommene Reformation war auch eine "Revolution der Musik": Darauf hat der evangelische Bischof Michael Bünker bei den Musikwochen Millstatt hingewiesen. Martin Luther sei begeisterter Sänger gewesen, habe 35 Kirchenlieder geschaffen, die Johann Sebastian Bach in Chorälen, Kantaten und Oratorien aufgegriffen und "mit prächtiger Instrumentalbesetzung verwandelt" habe, so der Bischof bei einem als "Ökumenischen Abend" angekündigten Sonderkonzert in der Stiftskirche Millstatt, bei dem seitens der katholischen Kirche der Klagenfurter Generalvikar Engelbert Guggenberger sprach.
Als "herausragendes Beispiel für versöhnte Verschiedenheit" bezeichnete Bünker Bachs Goldberg-Variationen: "Nicht trotz, sondern wegen der unterschiedlichen Stimmungen und Stimmführungen" würden bei diesen verschiedene Stimmen und zwölf Saiten auf drei Instrumenten in aller Verschiedenheit ein Ganzes ergeben. Der evangelische Bischof bezeichnete dies als Sinnbild für die Ökumene: Auch die unterschiedlichen Kirchen seien "nichts anderes sind als die Variationen des einen ewigen Themas, nämlich der bedingungslosen Zuwendung Gottes zu den Menschen". Ökumene werde dann sichtbar und hörbar, "wenn wir miteinander dieses Lied singen", so Bünker.
Generalvikar Guggenberger würdigte die evangelische Kirche für die "großartige Förderung", welche sie in der Geschichte der Kirchenmusik zukommen habe lassen. Bei den Katholiken habe die Musik nach der Reformation die Rolle der Gestaltung und der Ausschmückung des Ritus eingenommen; in dieser Tradition seien die "wunderbaren Messen" von Franz Schubert oder von Wolfgang Amadeus Mozart entstanden. Im Gegensatz dazu sei bei der evangelischen geistlichen Musik - mit Bach als wichtigstem Vertreter - vor allem um das Bedürfnis des Menschen nach Spiritualität gegangen; so sei der Zuspruch des biblischen Wortes wunderbar vertont worden.
Von der Reformation seien, trotz allem durch die Kirchentrennung verursachtem Leid, auf diese Weise "wertvolle Impulse nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für die katholische Kirche ausgegangen", betonte der Klagenfurter Generalvikar.
Die Musik im Allgemeinen bezeichnete Guggenberger als "wohl den Ort, an dem Transzendenz am deutlichsten zu spüren ist". Im Hören der Musik öffne sich der Himmel. "Transzendenz ist nicht etwas jenseits unserer irdischen Welt, sondern sie ist die geheimnisvolle Dimension allen Seins: Das Göttliche, das alles Irdische durchdringt", so der Generalvikar. Trotz ihres Geschehens in der Zeit, in Tönen, Melodien und Rhythmen, sei das Wesen der Musik überzeitlich und zeitlos. "In der Musik öffnet sich der Himmel und klingt die Ewigkeit an. Musik führt nicht nur Menschen zueinander, sie verbindet auch Irdisches und Himmlisches."
Bünker und Guggenberger äußerten sich am Sonntagabend im Rahmen der Musikwochen Millstatt unter dem Motto "Ökumene - Leben in versöhnter Verschiedenheit". Zu hören war das Kammermusikensemble "Kreisler Trio Wien" mit Bojidara Kouzmanova-Vladar (Violine), Axel Kircher (Viola) und Luis Zorita (Violoncello), das Bachs Goldberg-Variationen aufführte.
Quelle: kathpress