Geköpfte Madonna-Statue im Wallfahrtsort Loretto gefunden
Einen kuriosen Fund machten Restauratoren in der Gnadenkapelle des burgenländischen Wallfahrtsortes Loretto: Im Sockel der Altarmensa tauchte die frühbarocke Steinskulptur einer Madonna mit Kind, deren Kopf jedoch abgetrennt und an einem gesonderten Platz ebenfalls vorhanden war, auf. Allem Anschein nach wurde die Statue dort nach einer Zerstörung während des Zweiten Türkenfeldzuges 1683 dort rituell bestattet, teilte das Bundesdenkmalamt, das die Skulptur derzeit eingehend untersucht, am Montag mit.
Nicht die Hauptstreitmacht von Kara Mustafa, sondern die als Vasallen seines Heeres mitgekommenen kalvinischen Kurutzen waren laut Bundesdenkmalamt für die Zerstörung verantwortlich. Die Truppe von rund 2.000 Mann überfiel am 13. Juli 1683 Kirche und Kloster, brach in der Krypta die Särge auf und beraubte sie, zertrümmerte in der Kirche Altäre, Bilder und Bänke und steckten die Kirche wie auch das umgebende Servitenkloster in Brand.
Die steinerne Gnadenstatue, die auf die Zeit zwischen 1660 und 1670 datiert wird, befand sich bis dahin auf einer hohen Säule auf dem Kirchenvorplatz. Junge kalvinische Adelige sollen sie herab gehoben, in einem grotesken Tribunal angeklagt und verurteilt haben, an der Verfolgung der ungarischen Kalviner schuldig zu sein, heißt es in dem Tagebucheintrag des Priesters Balthasar Kleinschrot, der als Schriftquelle dient. Nach dem "Todesurteil" inmitten der brennenden Anlage soll die Statue anschließend im Kreis der johlenden Kuruzzen geköpft worden sein.
Der Servitenorden kehrte im Oktober 1683 nach Loretto zurück, begann umgehend mit Wiederaufbau und erhielt 1685 einen Tabernakel aus Wien für die Kapelle. Der Altar, in dem die Skulptur gefunden wurde, stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, wobei für die Zeit dazwischen bislang keine Untersuchungen vorliegen.
Im Bundesdenkmalamt ist man derzeit mit Archivrecherche zur Geschichte der Statue, mit Dokumentationsarbeit und Reinigung der Oberfläche beschäftigt, wobei man besonders auf die außergewöhnliche Geschichte des Objekts und den daraus ableitbare Kultwert achten will, heißt es seitens der Experten. Nach Abschluss der Arbeiten soll die Skulptur daher auch wieder im Altar "bestattet" werden und durch ein Gitterfenster an der Rückseite des Altartisches sichtbar bleiben.
Quelle: kathpress