Müller-Ablöse markiert Ende der Ratzinger-Ära
Die Ablöse von Kardinal Gerhard Ludwig Müller als Präfekt der Glaubenskongregation kam alles andere als überraschend - sie markiert vielmehr einen "konsequenten Schritt" im Pontifikat Papst Franziskus' und ist einmal mehr Ausdruck jenes "entschiedenen Stil-, Politik- und Theologiewechsels", für den Franziskus steht. Das hat der Salzburger Theologe Gregor Maria Hoff in einem Gastbeitrag in der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit" unterstrichen (Online-Ausgabe). Ein Zeichen des Politikwechsels sei die Ablöse auch insofern, als mit Luis Francesco Ladaria Ferrer ein "Mann aus der zweiten Reihe" vorgerückt sei. Die Glaubenskongregation habe damit "an Bedeutung verloren" - und die Ära Ratzinger sei auch theologisch an ihr Ende gekommen, so Hoff: "Eine Epoche geht zu Ende".
Der Abschied Müllers kam laut Hoff alles andere als überraschend, er habe sich vielmehr bereits seit längerem abgezeichnet - schließlich gehörte Müller "zu den Verlierern des kirchlichen und theologischen Paradigmenwechsels, den Papst Franziskus mit immer klarerem Profil vollzieht". Spätestens seit sich Müller auf die Seite des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst geschlagen habe oder etwa der Zulassung wiederverheiratet Geschiedener zur Kommunion eine Absage erteilte habe, habe er "seinen Kredit verspielt", so der Salzburger Fundamentaltheologe. Bei all dem habe bei Müller indes "nicht einmal die dogmatische Defensive überzeugend" gewirkt: "dafür war sie zu sehr auf das geschlossene Kirchensystem der alten societas perfecta getaktet, die ihre Plausibilitäten aus dem Innenraum der eigenen Tradition bezog".
Darüber hinaus markiere die Personalentscheidung des Papstes aber auch einmal mehr jene "Paradoxien der kirchlichen Öffnung", die den Papst immer wieder auch innerkirlichen Gegenwind bescheren: Schließlich treibe Franziskus seine Politik der Öffnung mit den klassischen Machtmitteln voran, mit denen er in seinem Amt ausgestattet ist. Indem er sich aber dieser Mittel bedient, führe er "das Papstamt an seine Grenzen". Schließlich dränge die franziskanische Theologie ebenso wie die "theologische Grammatik" des Zweiten Vatikanischen Konzils auf etwas anderes: Auf ein kirchliches Weltverständnis, welches sich von den "realen Nöten der Menschen" herausfordern lässt und in dem "Innen- und Außenperspektive der Kirche aufeinander verpflichtet" sind.
So habe sich der Papst im Jahr des Reformationsgedenkens durch seine Personalentscheidung "als radikaler Reformer" erwiesen - und die Frage, welche Aufgabe Kardinal Müller künftig übernehmen werde, bleibe angesichts dieses radikalen Politik- und Theologiewechsels letztlich "zweitrangig", so Hoff.
Quelle: kathpress