Papst hat Kirche in "Bewegung nach vorne" versetzt
Papst Franziskus hat binnen kurzer Zeit die Wahrnehmung der katholischen Kirche verändert und mit Reformschritten eine "Bewegung nach vorn" in Gang gesetzt: Diese Zwischenbilanz des Pontifikats hat der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer am Donnerstagabend bei einer Predigt im Wiener Stephansdom gezogen. Rahmen bildete ein Gottesdienst zum Kirchenfest Peter und Paul, an dem auch Kardinal Christoph Schönborn und der Apostolische Nuntius Peter Stephan Zurbriggen teilnahmen. Die Messe stand im besonderen Zeichen des Dankes für die bisher vier Amtsjahre von Papst Franziskus.
Nicht nur äußere Korrekturen in Stil, Sprache und Gesten habe Franziskus in die katholische Kirche eingebracht, sondern auch vor allem neue Themen, sagte Scheuer. Der Papst habe neue Prioritäten bei der Kirchenreform gesetzt, wobei es ihm vor allem um eine "arme Kirche für die Armen" gehe. Auf spiritueller Ebene lade Franziskus inständig dazu ein, "die persönliche Begegnung mit Jesus zu erneuern, sich von ihm finden zu lassen und ihn jeden Tag ohne Unterlass zu suchen". Er wolle dabei nicht kritisieren, ausschließen oder sich von seinem Vorgänger absetzen, sondern "alle Menschen guten Willens mitzunehmen".
Als wichtige Wurzel für das Denken und Handeln von Franziskus nannte Scheuer den ignatianischen - also auf den Jesuiten-Gründer Ignatius von Loyola beruhenden - Hintergrund. Der Papst aus Argentinien verkörpere eine "innere gläubige Haltung, die Gott und seinem Wirken Großes zutraut". Sichtbar werde dieser Großmut vor allem bei seinem inhaltlichen Reformprogramm, das alle Ebenen miteinbeziehe und ein "Gehen an die Peripherien" einfordere - auch an die Ränder "des Mysteriums der Sünde, des Schmerzes, des Hungers, der Ungerechtigkeit, des Denkens und jeglichen Elends".
Gleichzeitig sei dem Bergoglio-Papst "das Kleinste nicht zu klein, um sich darum zu kümmern", so Scheuer weiter. Gesten wie das eigene Bezahlen der Pensionsrechnung nach der Papstwahl oder Telefonanrufe seien nicht nur "verschönernde Accessoires", sondern "Aus-druck jener geistigen Grundhaltung, jener Spiritualität, welche ob der Größe der gesteckten Ziele das Kleine nicht vergisst. Auch alltäglichste Dinge sind Orte der Gottesbegegnung, auch für einen hohen Würdenträger, wie es das Papstamt darstellt." Besonders sei dies bei der Zuwendung zu "kleinen, konkreten und kranken Menschen" wie etwa schwerkranken Kindern, Flüchtlingen oder auch Obdachlosen spürbar.
"Amoris laetitia" zeige schließlich, dass Franziskus auch die Gabe der "Unterscheidung der Geister" in die Kirche einbringe, sagte der Linzer Bischof. Die Seelsorger habe der Papst in seinem nachsynodalen Schreiben dazu aufgefordert, die Situationen verletzter Familien gut zu unterscheiden und keine Urteile zu fällen, die den jeweiligen komplexen Umständen nicht gerecht werden. "Wer nicht unterscheiden kann, darf sich nicht als Anwalt der Liebe bezeichnen", verdeutlichte Scheuer. Unterscheidung helfe dabei, "die möglichen Wege der Antwort auf Gott und des Wachstums inmitten der Begrenzungen zu finden"; schließlich sei es dem Papst auch wichtig, Menschen "zu begleiten und zum Wachstum zu verhelfen".
An dem Festgottesdienst im Stephansdom nahmen neben vielen Gläubigen und Priestern u.a. die Wiener Weihbischöfe Stephan Turnovzsky und Franz Scharl, der Linzer Altbischof Ludwig Schwarz, Äbte und Leiter geistlicher Gemeinschaften sowie auch Vertreter der Ökumene und Diplomatie teil. Zentrales Anliegen der Feier sei der Dank wie auch die Fürbitte für das weitere Pontifikat von Franziskus, betonte Kardinal Christoph Schönborn in seinen Begrüßungsworten, denn: "Der Papst wird nicht müde, uns wieder und immer wieder um unser Gebet für ihn zu bitten."
Quelle: kathpress