Religionssoziologe Peter L. Berger gestorben
Der prominente US-amerikanische Religionssoziologe Peter L. Berger ist tot. Er starb laut Medienberichten am 27. Juni im 89. Lebensjahr in Brookline im US-Bundesstaat Massachusetts. Der gebürtige Wiener gilt als einer der weltweit führenden und einflussreichsten Religionssoziologen. Sein gemeinsam mit Thomas Luckmann verfasstes und 1966 in den USA publiziertes Werk "Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie" gilt als Standardwerk der Gesellschaftstheorie.
Berger wurde am 17. März 1929 als Peter Ludwig Berger in Wien geboren. Als Kind jüdischer Eltern migrierte er in die USA, wo er Soziologie und Philosophie studierte. In den 1950er Jahren lehrte und forschte Berger u.a. an der University of North Carolina, am Hartford Theological Seminary sowie in Deutschland an der Evangelischen Akademie Bad Boll. Es folgten Professuren an der New School for Social Research in New York, der Rutgers University in New Jersey sowie am Boston College. Seit 1981 war Berger Professor für Soziologie und Theologie an der Boston University, seit 1985 als Direktor des Institute for the Study of Economic Culture.
Darüber hinaus war Berger, der sich selbst in einem Buch als gläubigen und "etwas heterodoxen Lutheraner" bezeichnete, seit 2007 im Kuratorium der Internationalen Martin Luther Stiftung engagiert. Berger war mit der 2015 verstorbenen Soziologin Brigitte Berger verheiratet. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor.
Ehrungen in Österreich
Berger war Träger zahlreicher Auszeichnungen - unter anderem wurde er im Jahr 2000 mit dem Ludwig-Wittgenstein-Preis der Österreichischen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet. 2008 erhielt er als erster Preisträger den von der Wiener Ärztekammer verliehenen Paul Watzlawick-Ehrenring und im Jahr 2010 den Dr.-Leopold-Lucas-Preis der Evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Tübingen.
Bekannt wurde er u.a. mit seinen Büchern "Auf den Spuren der Engel. Die moderne Gesellschaft und die Wiederentdeckung der Transzendenz" (1970, erweiterte Neuauflage 1991), "Zur Dialektik von Religion und Gesellschaft" (1973), "Der Zwang zur Häresie. Religion in der pluralistischen Gesellschaft" (1980), "Sehnsucht nach Sinn. Glauben in einer Zeit der Leichtgläubigkeit" (1994) sowie "Erlösendes Lachen. Das Komische in der menschlichen Erfahrung" (1998).
Zulehner: Berger hinterlässt "große Lücke"
Der Wiener Religionssoziologe Paul M. Zulehner würdigte Berger in einem Beitrag auf seinem Blog als "einen der ganz großen Religionssoziologen der Welt". Er hinterlasse "in der Religionsforschung eine große Lücke", so Zulehner. Es sei ein Zeichen der Größe Bergers gewesen, "dass er nicht zögerte zuzugeben, dass er sich mit anderen mit der Deutung der modernen Entwicklung mit Hilfe der Säkularisierungshypothese getäuscht habe". So hatte Berger in Büchern und Interviews zuletzt eingeräumt, dass die Säkularisierungsthese zu eindimensional auf den Niedergang der Religion gesetzt und dabei übersehen habe, dass es durchaus auch "religionsverträgliche Modernität" gebe.
Persönlich habe Berger ein erfrischender Humor sowie eine "moderne Frömmigkeit" ausgezeichnet, weiß Zulehner zu berichten: "Ich vermisse einen Lehrer und Freund, der letztlich nicht nur darüber nachdachte, ob Religion in modernen Zeiten lebbar sei. Er lebte diese auch in seiner humorvollen Art."
Quelle: kathpress