Bei Hungersnot "hinschauen, nicht wegschauen"
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat zu tatkräftigem Einsatz für die Beilegung der Hungerkrise in Ostafrika aufgerufen. "Da wegzuschauen und nicht hinzuschauen geht gar nicht", sagte er am Donnerstagvormittag in Wien. Er lobte die Caritas für ihre Hilfsmaßnahmen vor Ort und sah alle Menschen in der Pflicht, "in den jeweiligen Möglichkeiten etwas beizutragen". Auch die Politik sei gefordert, die Gelder für Entwicklungshilfe deutlich zu erhöhen, sagte Van der Bellen. Von dem selbst gesteckten Ziel von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens sei man "noch weit entfernt", was "kein Ruhmesblatt für Österreich" sei.
Um auf die bedrohliche Hungersnot in weiten Teilen Ostafrikas aufmerksam zu machen, hatte die Caritas auf der Wiener Mariahilferstraße eine Straßenaktion gestartet. Unterstützt von Prominenten und Kulturschaffenden, ließen Vertreter der Hilfsorganisation seit Donnerstagmorgen in einem Zeitraum von 24 Stunden alle zehn Sekunden einen Gasluftballon steigen - "als Zeichen dafür, dass alle zehn Sekunden ein Kind an Hunger stirbt, jedoch auch dafür, dass wir alle zehn Sekunden ein Zeichen der Hoffnung setzen können", wie Caritas-Präsident Michael Landau erklärte.
Landau war erst vor wenigen Tagen vom Besuch einer Hungerregion in Nordkenia zurückgekehrt, wo die Caritas Österreich Hilfe leistet. Die Situation sei "dramatisch", schilderte der Caritas-Chef. "Ich werde nie die Bilder der Kinder vergessen, die viel zu klein sind für ihr Alter, oder deren Haar sich zu verfärben beginnt, da sie unter Mangelernährung leiden." Das in den ersten Jahren Verabsäumte sei später nicht mehr aufholbar, warnte Landau. In tragischer Erinnerung seien ihm auch die Gräber der bereits Verhungerten oder die Familien, die die Tiere verloren haben, von denen sie gelebt hatten. "Ich habe gelernt: Wo die Kamele sterben, sterben dann auch die Menschen", so Landau.
Trotz der verzweifelten Lage komme Hilfe an, betonte der Caritas-Präsident. Viele Leben seien bereits gerettet worden, "Menschen haben mir gesagt: Ohne eure Hilfe gäbe es uns nicht mehr". Besonders versuche man bei Babys und Kleinkinder durch hochkalorische Zusatznahrung das Gewicht zu stabilisieren. Die bis vor wenigen Wochen in Kenia tätige Caritas-Katastrophenhelferin Miriam Ebner berichtete von Verteilaktionen von Mehl, Öl und Wasser. "Momentan können wir nur verteilen. Es geht darum, den Hunger so gut zu stillen wie möglich und die Leute widerstandsfähiger zu machen für künftige Krisen. Schon jetzt brauchen wir langfristige Strategien", so die Helferin.
Landau griff die Kritik des Bundespräsidenten an der zu niedrigen Entwicklungshilfe Österreichs auf. Kleine Länder wie Österreich könnten in diesem Bereich "humanitäre Größe" zeigen und besonders die ärmsten Länder - und hier wiederum die Landwirtschaft - unterstützen, so seine Forderung. Zusätzliche Chancen böte zudem die Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft 2018, bei dem Österreich laut Landau den politischen Schwerpunkt auf den "Hoffnungskontinent" Afrika setzen sollte. "Europa ist entstanden, um in der Welt einen Unterschied zu machen. Es geht um viel mehr als nur um einen Wirtschaftsraum", so der Caritas-Präsident.
Die Caritas-Straßenaktion wurde außer von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und zahlreichen Freiwilligen auch von Künstlern und Prominenten wie u.a. Louie Austen, Maria Großbauer, Thomas Schäfer-Elmayer, Fadi Merza, Paul Gulda, Agnes Palmisano, Werner Brix oder der Gardemusik unterstützt. Ziel sei es, in den nächsten Wochen 100.000 Euro für die Hungerhilfe zu sammeln, erklärte der Wiener Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner; nur zehn Euro seien nötig, um einen Menschen einen Monat lang vor dem Hunger zu retten.
Quelle: kathpress