Neues goldenes Vierungskreuz am "Ringstraßendom"
Der Wiener "Ringstraßendom" - die Votivkirche - hat am Dienstag eine wichtige Etappe der seit 2001 laufenden Restaurierung gefeiert: Vertreter der Erzdiözese Wien - mit Generalvikar Nikolaus Krasa und Bauamtsleiter Harald Gnilsen an der Spitze - und Pfarrer Joseph Farrugua setzten auf den Vierungsturm das frisch vergoldete Kreuz auf. In die Kreuzkugel wurde eine vom Wiener Historiker Ekkehard Weber verfasste Urkunde mit den Namen der Verantwortlichen und Geldgeber der Restaurierung - mit Kardinal Christoph Schönborn und Bürgermeister Michael Häupl an der Spitze - eingesetzt, sowie als Zeugnisse der Gegenwart auch ein USB-Stick mit Daten zum Bau und eine Flasche Schnaps.
Die Restaurierung des Vierungsturms - er ist mit 75 Meter deutlich niedriger als die 99 Meter hohen Doppeltürme und befindet sich an der Stelle, wo sich das Längs- und Querschiff der Kirche kreuzen - hatte das verantwortliche diözesane Bauamt vor besondere Herausforderungen gestellt. "Es ist eine Walzeisenkonstruktion mit einer Verkleidung aus Blei. Den richtigen Umgang damit mussten wir erst erforschen. Am Ende entschieden wir uns für eine Reinigung mit Trockeneis, das die Bleischicht schont", erklärte Bauamtsleiter Gnilsen vor Journalisten. Er sei guten Mutes, dass der Turm nun länger schön bleiben wird, "weil die Luft trotz Autoabgasen heute besser ist als früher mit dem Hausbrand, der für schwarze Verkrustungen gesorgt hat".
Bei der Turmreinigung seien erstaunliche Einritzungen zum Vorschein gekommen, so Gnilsen: "Wir waren immer der Meinung, der First sei erst 1878 aufgesetzt worden. Aber wir haben hier nun Hinweise auf 1872 gefunden. Diese Einritzungen haben einen hohen dokumentarischen Wert."
Notwendige Großerneuerung
Die Generalsanierung des neugotischen Baus ist bereits seit 2001 im Gang und soll im Jahr 2023 beendet sein. Notwendig wurde sie laut Gnilsen, weil die Kirche zuvor jahrzehntelang nie richtig renoviert worden war. Die Gesamtkosten für die Renovierung werden voraussichtlich 32 bis 35 Mio. Euro betragen - der Betrag, von dem auch zu Sanierungsbeginn ausgegangen wurde. Allerdings sei laut Gnilsen der Beitrag von Bund und Stadt dazu rückläufig.
Begonnen wurden die Arbeiten mit der Sanierung des Südportals, an dem sich bereits absturzgefährdete Teile befanden. Auch ein Teil des Daches wurde mittlerweile ausgetauscht. Das Dach, das in den 1960er-Jahren mit Asbestfasern gedeckt wurde, wird mit Naturstein erneuert. Insgesamt sind dafür 400.000 Schindeln aus Schiefer nötig.
Auch der Innenraum, in dem es Schäden durch Wassereintritt gibt, soll renoviert werden. Das könne aber erst geschehen, wenn das Dach fertig abgedichtet ist, sagte Gnilsen. Besonders kostenintensiv und langwierig wird die Sanierung der Portalfassade, die derzeit noch eingerüstet ist und die besonders viele Figuren zieren. Auch die Renovierung des Südturms steht noch aus.
Zweitgrößte Wiener Kirche
Die Votivkirche ist Wiens zweitgrößte Kirche und die - nach dem Stephansdom und der Karlskirche - drittmeistbesuchte. Architekt des neugotischen Baus war Heinrich von Ferstel (1828-1883), Anstoß gab ein aus nationalistischen Motiven verübtes - und misslungenes - Attentat auf Kaiser Franz Joseph am 18. Februar 1853 durch den ungarischen Schneidergesellen Janos Libenyi. Dem Geist der Zeit entsprechend, rief der Bruder des Kaisers, Erzherzog Maximilian (der spätere Kaiser von Mexiko), zum Dank für die Errettung des Monarchen und zur "geistlichen Sühne des Verbrechens" zum Bau einer "Votivkirche" auf. 300.000 Bürger folgten dem Spendenaufruf. Im neuen "Dom der Völker" hätten alle Nationen der Donaumonarchie ihre geistige und politische "Heimat" finden sollen.
Die Weihe des "Ringstraßendoms" - er ist unmittelbar hinter der Ringstraße, in Sichtweite der Hauptuniversität gelegen - fand dann 1879 statt, zur Silberhochzeit von Kaiser Franz Joseph und Kaiserin Elisabeth. In den 23 Jahren zwischen Grundsteinlegung 1856 und der Weihe hatte sich die Donaumonarchie in politischer, vor allem aber in geistig-ideologischer Hinsicht so gründlich verändert, dass ein "Dom der Völker" nur mehr ein Anachronismus gewesen wäre. Die überdimensionierte Kirche im französischen Kathedralstil wurde deshalb Regiments- und später Pfarrkirche.
1856 hatte der neoabsolutistische "Reichsgedanke" auf der Grundlage des dominierenden katholischen Glaubens in allen Kronländern starken Anklang gefunden, 1879 stand bereits im Zeichen des Deutschnationalismus und des eskalierenden Nationalitätenstreits.
Heute ist die Votivkirche Gottesdienstort für die Pfarrgemeinde und die Internationale Gemeinde (Vienna International Religious Centre/VIRC) der Tourismusseelsorge der Erzdiözese Wien. Beide Gemeinden werden von Joseph Farrugia, einem gebürtigen Malteser, geleitet. Farrugia ist auch Wiener Flughafenpfarrer. Als Propstpfarrer hat er besondere Privilegien in Bezug auf den Gebrauch der Pontifikalien - mit der Ausnahme des Bischofsstabes - bei den Gottesdiensten; in der Erzdiözese Wien gibt es nur drei Propsteipfarren.
Quelle: kathpress