Initiative "Christlich geht anders" für starken Sozialstaat
Ein klares Bekenntnis zu einem gut ausgebauten Sozialstaat haben Vertreter der Initiative "Christlich geht anders. Solidarische Antworten auf die soziale Frage" abgelegt. Magdalena Holztrattner, Leiterin der Katholischen Sozialakademie Österreichs (ksoe), erklärte bei einem "ksoe-Frühstück" am Dienstag in Wien: "Uns eint das Bekenntnis zum Sozialstaat und zu den Menschenrechten." Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister, der die Initiative ebenfalls unterstützt, sagte, dass die neoliberale "Gesellschaftsphilosophie", wie sie seit Jahrzehnten den Ton angibt, in diametralem Gegensatz zu christlichen Überzeugungen stehe.
In Hinblick auf den angelaufenen Wahlkampf sagte Holztrattner, die Politik müsse die Ängste der Menschen von heute zwar ernst nehmen, sie dürfe diese aber nicht schüren. Holztrattner zitierte auch P. Franz Helm, den Generalsekretär der Ordensgemeinschaften Österreich und prononcierten Vertreter der Initiative "Christlich geht anders": Es gehe darum, "mit den sechs Punkten der Initiative in der Hand" mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch zu kommen.
Die Forderungen des Grundtextes sind u.a. wesentlich vom Ökumenischen Sozialwort der Kirchen in Österreich aus dem Jahr 2003 inspiriert, aber auch vom Projekt "Solidarische Gemeinde", in dem die Ergebnisse des Prozesses "sozialwort 10+" im Jahr 2013 zusammengefasst wurden. Den Text haben bereits im Herbst des Vorjahrs rund 100 Erstunterzeichner unterschrieben, darunter u.a. auch ÖRKÖ-Vorsitzender Landessuperintendent Thomas Hennefeld, die Spitzenvertreter der heimischen Ordensgemeinschaften, Abtpräses Christian Haidinger und Sr. Beatrix Mayrhofer, die Präsidentin der Katholischen Aktion, Gerda Schaffelhofer, der serbische Bischof Andrej Cilerdzic sowie zahlreiche Professorinnen und Professoren der Theologischen Fakultäten.
Notwendig ist nach Überzeugung der Sympathisanten u.a. ein leistungsstarker Sozialstaat. Dieser sei "organisierte Solidarität": "Gegenseitig schützen wir uns so vor den Grundrisiken des Lebens: Erwerbslosigkeit, Prekarisierung, Armut und Not. Angriffe auf den Sozialstaat sind immer auch Angriffe auf uns alle, verstärkt aber auf jene, die einen starken Sozialstaat besonders brauchen." Gefordert wird auch ein "gerechtes und soziales Steuersystem". Wörtlich heißt es: "Wir lehnen daher eine Steuerpolitik ab, die viele übermäßig belastet, Vermögen und hohe Einkommen aber schont."
Die neoliberale "Gesellschaftsphilosophie" nimmt nach den Worten von Wirtschaftsforscher Schulmeister an, dass Menschen nur eigennützige Wesen sind, deren Egoismus durch eine "unsichtbare Hand des Markts" ins allgemeine Beste verwandelt würde. Ein solches Denken führe unweigerlich zu einer Entmündigung von Menschen und zu einer Entmoralisierung. Selbst die demokratisch legitimierte Politik müsse sich "den Märkten"- damit sind die Finanzmärkte gemeint - unterwerfen.
Schulmeister erinnerte an die österreichische und europäische Tradition der sozialen Marktwirtschaft, in der die Gegensätze von Kooperation und Konkurrenz sowie von Eigennutz und solidarischer Risikoabsicherung ausbalanciert worden seien. Angesichts wachsender Unzufriedenheit, Ungleichheit und Armut müsse eine stabile Wirtschaft mit einem ausdifferenzierten Sozialstaat verbunden sein, so Schulmeister. (Link: www.christlichgehtanders.at)
Quelle: kathpress