Europa und USA "schicksalhaft aufeinander bezogen"
Ein "klares pro-europäisches und pro-transatlantisches Statement" ist das Ergebnis des kürzlich im südsteirischen Seggauberg von Kirche und Land Steiermark veranstalteten "Pfingstdialoges". Trotz aller Problemstellungen und im Zuge der Präsidentschaft Donald Trumps aufgetretenen Differenzen gelte es "gegen hetzerischen Anti-Amerikanismus und billiges Trump-Bashing" einzutreten, stattdessen "für das untrennbare transatlantische Werteband und die gemeinsame, von beiden Seiten zu befruchtende und verantwortete Weiterentwicklung". Denn - wie es im jetzt veröffentlichten "Memorandum Seggauberg 2017" heißt: Europa und die USA sind "aufeinander schicksalhaft bezogen und aufeinander angewiesen, zumal sie Vorbildwirkung auf die gesellschaftlichen Entwicklungen und den Frieden in der Welt haben".
Der als Ertrag der Tagung unter dem Titel "Europe.USA.3.0" formulierte Text erinnert daran, dass die USA und Europa seit der von der europäischen Aufklärung inspirierten Unabhängigkeitserklärung von 1776 durch eine gemeinsame geistig-gesellschaftliche Entwicklung und zentrale Errungenschaften verbunden sind: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, universelle Menschenrechte, Religions- und Meinungsfreiheit. "Natürlich hat es immer wieder Interessenskonflikte gegeben, sei es in Einschätzungen weltpolitischer Krisenherde, in Sicherheitsangelegenheiten und Wirtschaftsfragen, oder sei es in Bezug auf die Marktmacht amerikanischer Konzerne", räumte das Memorandum ein. In den letzten Jahren sei auch eine "schleichende Verlagerung des Interesses der US-Politik vom atlantischen in den pazifischen Raum" zu registrieren.
Diese Problemstellungen hätten durch die Wahl Trumps zum 45. US-Präsidenten und seine Aussagen u.a. beim NATO- und G7-Gipfel "besondere Aktualität und Brisanz" erhalten. "Das muss vor allem für die Europäer ein Weckruf sein", erinnert der Text u.a. an Angela Merkels Appell, die Europäer müssten "unser Schicksal in unsere eigene Hand nehmen". Europa müsse sich seiner geistigen Kräfte und Ressourcen besinnen, der EU-Leitspruch "In Vielfalt geeint" könne global ein Beispiel geben - etwa im Bereich nachhaltiger Entwicklung und Klimaschutz oder im Subsidiaritätsprinzip und einem modernen Föderalismus. "Das Projekt Europa ist eine Daueraufgabe" und dürfe nicht als Projekt "abgehobener Eliten" empfunden werden: "Populismus und nationalistischer Egoismus dürfen dabei keine dominierende Rolle spielen und können auch keine guten Lösungen anbieten", hält das Memorandum fest.
"Gipfel des Pessimismus und Populismus überwunden"
Dessen Autoren merken optimistisch an: "Nach der großen Finanzkrise ab 2008 und einem Jahr 2016 mit Brexit-Votum, Terrorismus und Kriegen an den Rändern Europas gibt es 2017 Anzeichen eines positiven Stimmungswandels: die Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich, das zarte Pflänzchen des europäischen Wirtschaftswachstums." Und auch in den USA seien Medien und Zivilgesellschaft seit der Präsidentschaftswahl stärker als zuvor. "Das sind ermutigende Signale, dass der Gipfel des Pessimismus und Populismus überwunden ist."
Abschließend wird Daniel Hamilton, Direktor des Zentrums für Transatlantische Beziehungen der Johns Hopkins University in Washington und Eröffnungsreferent des Pfingstdialoges zitiert: "Es gibt kein 'vereintes und freies Europa' ohne Amerika. Und es gibt kein 'America First' ohne Europa. (...) Das ist die Lehre aus dem Marshall-Plan. (...) Das ist die Lehre aus der Geschichte."
Von 31. Mai bis 2. Juni war der seit seit 2005 zum siebenten Mal veranstaltete "Pfingstdialog" im Schloss Seggauberg den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen Europa und den USA gewidmet. Teilnehmer waren u.a. der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl und sein Vorgänger Egon Kapellari, Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, der Ökonom Michael Plummer sowie der US-amerikanische Vatikanexperte John Allen.
Quelle: kathpress