Christen und Muslime insgesamt zufrieden im "blauen Bezirk" in Wien
Katholiken, Evangelische, Orthodoxe, Muslime und Aleviten sind grosso modo zufrieden im "blau" regierten Wiener Flächenbezirk Simmering: Das war der Tenor eines gut besuchten Podiumsgesprächs in der "Langen Nacht", abgehalten in der Pfarrkirche Altsimmering am Samstagabend.
Bezirksvorsteher Paul Stadler (FPÖ) outete sich als nicht praktizierender Katholik, der gerne Religionsgemeinschaften besucht - "wenn sie mich wollen". So habe er vor kurzem die rumänisch-orthodoxe Kirche und das neue Alevitenzentrum besucht. Er habe "mit Kirchen kein Problem", allerdings oft mit Medien, die Konflikte aufbauschten. Auch mit Bezirksvorsteher-Stellvertreterin Renate Angerer (SPÖ) habe er eine gute Gesprächsbasis. Nach kontroversen Diskussionen "können wir uns nachher immer die Hand geben", so Stadler.
Renate Angerer sagte, der Bezirksvorsteher überzeuge sie zwar nicht von seiner Ideologie, aber das müsse er auch nicht - und sie wolle das ihrerseits auch mit ihrer nicht. Jedenfalls dürfe man Simmering "nicht ins rechte Eck stellen". Es gebe viele Migranten in dem Großbezirk, und sie seien natürlich sichtbar, aber es gebe insgesamt wenig Konflikte. "Es gilt, die Ordnung einzuhalten. Von allen. Denn ganz Wien schaut auf dieses Simmering, ich bin stolz, von hier zu sein."
Pfarrer Christian Maresch (katholisch), der auch Simmerings Dechant ist, bezeichnete das Miteinander-ins-Gespräch-Kommen als einen "Urwert" des Christentums. Der Bezirk werde in religiöser Hinsicht von Jahr zu Jahr "bunter" - so seien jetzt etwa viele Freikirchen dazugekommen. "Es ist mehr Dialog notwendig", so Maresch. Angedacht sei deshalb die Wiederbelebung des eingeschlafenen Interreligiösen Bezirksforums.
Bischofsvikar Nicolae Dura (rumänisch-orthodox) sagte, auch im Blick auf die bevorstehenden Wahlen, dass Wien die "Hauptstadt der Harmonie" bleiben müsse. Es dürfe die innere Freude zur Begegnung mit anderen nicht verlöschen. "Wenn nicht Friede in meinem Inneren ist, dann gibt es auch keinen Frieden mit dem Nachbarn", fasste er zusammen.
Dura hob hervor, dass das Miteinander von Menschen verschiedener Herkunft für ihn als Rumänen aus Siebenbürgen eigentlich das Normale sei. Er erinnerte auch an den Apostel Paulus, der die Christen ermahnt hatte, dass alle nur Gäste auf Erden seien und "niemand hier eine bleibende Heimatstadt" habe.
Pfarrerin Maria Katharina Moser (evangelisch) rief zum gegenseitigen Vertrauen auf. Vertrauen sollte auch von Politikern gestärkt werden, denn "Vertrauen ist das Netz, aus dem der soziale Zusammenhang geknüpft ist." Man solle es nicht durch Schlechtreden zum Reißen bringen.
So sei etwa die Motivation zum Engagement in der kirchlichen Flüchtlingshilfe weiterhin intakt, betonte die Pfarrerin: "Die Menschen sagen nämlich nicht: Wir sind überfordert. Nein, das ist nicht der Fall" - so Mosers Erfahrung.
Islamgesetzt bewährt sich
Der islamische Theologe Khalid El Abdaoui, der auch in Frankfurt tätig ist, lobte das Zusammenleben in Österreich, das besser sei als in Frankreich oder Deutschland, und die Vorzüge des novellierten Islamgesetzes. Wichtig sei vor allem, dass das Gesetz die Einrichtung islamisch-theologischer Fakultäten vorsehe. "Hier haben die Muslime ein Ausmaß an Freiheit, von der sie in ihren Herkunftsländern nur träumen können."
Der Islam sei Österreichs zweitgrößte Religionsgemeinschaft, erinnerte El Abdaoui. Wichtig sei die Integration der Jugend. "Wie kann man die ins Boot holen und gegen Extremisten immunisieren? Die Wahlkämpfe dürfen nicht vermitteln, das dieser Teile der Bevölkerung ausgegrenzt ist."
Der Leiter der "Glaubensgemeinde Aleviten Österreich" - ihr Sitz ist in Simmering - Mario Sahan, wies darauf hin, dass Mitglieder seiner Glaubensgemeinde "in allen Parteien zu finden" seien. Das Zusammenleben könnte aber "noch besser werden - wir werden sicher dazu unseren Beitrag leisten".
Am Schluss der Diskussion wurde von allen politischen und religiösen Vertretern am Podium gemeinsam ein Rosenbäumchen als "Baum der Hoffnung" entgegengenommen, als Zeichen, dass das friedliche Zusammenleben gut weitergeführt werden kann. Es wurde anschließend eingepflanzt. Die Moderation der Diskussion übernahm der Journalist Matthias Ziegler von der "Wiener Zeitung".
Quelle: kathpress