Flüchtlingsstudie bestätigt Erfahrungen der Caritas
Die Caritas sieht sich durch eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Meinungsforschungsinstitutes SORA bestätigt, wonach sich die Einstellung der Wiener zu Flüchtlingen im Verlauf der vergangenen Monate deutlich zum Positiven verändert hat. Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien, sieht dadurch "belegt, was wir auch als Caritas seit jeher erfahren": Dass nämlich "dort, wo Begegnung stattfindet, Vorurteile abgebaut" würden. "Wo das Gegenüber ein konkretes Gesicht erhält, ist der Mut größer als die Angst", so Schwertner am Donnerstag im Gespräch mit "Kathpress". An vielen dieser Begegnungsorte auf dem Gebiet der Erzdiözese Wien würden Zuversicht und Zusammenhalt wachsen.
Die im Auftrag des Wiener Rathauses erstellte Studie bestätigt aus Caritas-Sicht auch, was schon die Bürgermeister-Studie des Gemeindebunds und des damaligen Flüchtlingskoordinators Christian Konrad verdeutlicht habe - wodurch sie somit auch Bedeutung über die Grenzen Wiens hinaus habe. Die Politik in Österreich solle entsprechende Schlüsse ziehen und "bei all den Herausforderungen, die es auch gibt, die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung und die Bereitschaft füreinander einzustehen, nicht unterschätzen", wie Schwertner betonte.
Im Jahr 2016 hätten sich allein bei der Wiener Caritas mehr als 1.100 Menschen gemeldet, um als neue Freiwillige selbst einen Beitrag für sozialen Zusammenhalt zu leisten - in den Lerncafés der Caritas, in der Hospizarbeit, in der Arbeit für obdachlose Menschen und in den verschiedenen Flüchtlingsunterkünften. Ihnen allen zollte Schwertner große Hochachtung. Sie unterstrichen mit ihrem Engagement auch die Haltung der Caritas: "Wir benötigen konstruktive Politik anstelle von Polemik. Wir sollten uns nicht von unseren Ängsten treiben lassen, sondern mutige Schritte setzen, um den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft weiter zu stärken." Als derzeit besonders brisante Themen nannte Schwertner Bildung, leistbaren Wohnraum und "Arbeit, von der man leben kann".
Akzeptanz in Wien stark gestiegen
Bei der SORA-Studie wurden insgesamt 1.600 Personen befragt, wobei 600 in der Nähe von ausgewählten Flüchtlingsquartieren wohnten. Verglichen wurden dabei die Werte vor der Eröffnung dieser Einrichtungen mit jenen nach der Inbetriebnahme. Demnach hat sich die Akzeptanz laut Studienautor Bernhard Hoser schlagartig gebessert: "Die Situation hat sich nach der Eröffnung sehr schnell beruhigt", zitierte ihn die APA am Mittwoch. Waren zuvor insgesamt nur 44 Prozent für die Einrichtung einer Unterkunft in ihrer unmittelbaren Nähe, kletterte die Zustimmung danach auf 69 Prozent. Dem entsprechend sank die Ablehnung, wobei anfangs 22 Prozent der Anrainer dagegen waren, später nur mehr 14 Prozent.
Auch die generelle Akzeptanz geflüchteter Menschen ist laut der Studie groß: 48 Prozent der Wiener haben demnach nichts dagegen, wenn Betroffene in ihrer Nachbarschaft wohnen, 20 bzw. 12 Prozent fänden eine Aufnahme in der eigenen Stadt bzw. im eigenen Land in Ordnung, acht Prozent könnten sich sogar für eine Aufnahme im eigenen Haushalt erwärmen. Zwölf Prozent würden die Einreise von Flüchtlingen hingegen verweigern. Der Integration von Flüchtlingen messen die Wiener eine große Bedeutung zu, wobei hier Spracherwerb und Schulbesuch als besonders dringlich genannt wurden.
Zahlreiche Stadtbewohner haben sich laut Umfrage auch bereits persönlich engagiert: 60 Prozent haben für Flüchtlinge gespendet, 13 Prozent auch ehrenamtlich mitgearbeitet. Acht Prozent der Wiener nahmen demnach schon an einer Pro-Refugees-Demonstration teil - ein Prozent an Protesten gegen Flüchtlinge.
Laut SORA-Chef Günther Ogris zeigt die Studie, dass die Hilfsbereitschaft in Wien stark ausgeprägt ist. Lediglich eine Minderheit würde die vorhandenen Sorgen übertreiben. Der Leiter des Fonds Soziales Wien (FSW), Peter Hacker, gestand: "Ich gebe zu, dass einige Ergebnisse auch mich überrascht haben."
Viele Notunterkünfte bereits geschlossen
Nicht nur die Stimmung, auch der Bedarf in Sachen Notunterkünfte hat sich inzwischen entspannt, berichtete die APA weiter: Nur mehr fünf der großen Einrichtungen sind in Betrieb - vier von ihnen werden Ende des Monats geschlossen. Lediglich das Caritas-Haus in der Pfeiffergasse bleibt noch bis 30. September geöffnet. Täglich werden nur mehr rund 500 Übernachtungen in den aktuellen Not-Herbergen registriert. Ende 2015 waren es noch 65 temporäre Einrichtungen mit 10.000 Plätzen gewesen.
Zuletzt geschlossene Einrichtungen der Wiener Caritas waren das Notquartier im Missionshaus St. Gabriel (Maria Enzersdorf), das Haus Livina in Vösendorf, die Notquartiere in der Wiener Siemensstraße und demnächst in der Nordwestbahnstraße sowie die Wohngemeinschaft Nilas in Wien-Rodaun.
Quelle: kathpress