Fastenbrechen als Manifest gegen Terror und für Frieden
Das hohe Gut der Religionsfreiheit und des Religionsfriedens hat der Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, Peter Schipka, beim interreligiösen Iftar-Essen der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) am Mittwochabend in Wien betont. IGGiÖ-Präsident Ibrahim Olgun konnte zum Fastenbrechen u.a. Bundeskanzler Christian Kern, Staatssekretärin Muna Duzdar sowie zahlreiche hochrangige Vertreter der Religionen begrüßen; beispielsweise Gemeinderabbiner Schlomo Hofmeister und Landessuperintendent Thomas Hennefeld, der Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich. Dieses interreligiöse Iftar-Essen sei ein wichtiger Beitrag zur Freiheit und zum Frieden im Land, zeigte sich Generalsekretär Schipka in seinem Grußwort überzeugt.
"Leider bleiben uns auch in diesem gesegneten Monat schreckliche Nachrichten nicht erspart", sagte IGGiÖ-Präsident Olgun in seiner Rede mit Hinblick auf die jüngsten Terroranschläge während des muslimischen Fastenmonats Ramadan. Obwohl die Glaubensgemeinschaft in Österreich diese "bei jeder Gelegenheit" verurteile, komme dies leider in der Bevölkerung oft nicht an. "Der Islam rechtfertigt nie den Terror", die Würde des Menschen sei unteilbar, betonte Olgun. Er verwies u.a. darauf, dass am 14. Juni alle 300 der IGGiÖ zugehörigen Imame aus ganz Österreich eine Deklaration gegen Terror und Extremismus unterzeichnen werden.
Bundeskanzler Kern würdigte in seiner Rede diese Initiative. Es gelte, "Seite an Seite und Schulter an Schulter den Terrorismus zu bekämpfen". Kern ging auf die Worte des Gastgebers ein, die Würde des Menschen sei unteilbar. Toleranz müsse aber, so Kern, in alle Richtungen gelten - weswegen auch der wieder zunehmende Antisemitismus und etwa auch die Diskriminierung von Homosexuelle keinen Platz in einer Demokratie hätten. Die rund 600.000 Muslime in Österreich müssten sich wie auch alle anderen zu Toleranz und Vielfalt bekennen. Es dürfe keine Toleranz gegenüber jenen geben, die im Namen der Toleranz Intoleranz leben.
Ohne Namen zu nennen verurteilte Kern zugleich "politische Tendenzen, die zunehmend Platz greifen" und Muslime an den Rand der Gesellschaft drängen oder als Menschen zweiter Klasse betrachten.
"Zeichen der Freiheit"
"Wer fastet, tut das freiwillig. Wer hingegen hungert, ist dazu gezwungen", so Bischofskonferenz-Generalsekretär Schipka in seiner Rede wörtlich und weiter: "Auch wer aus religiösen Gründen fastet, tut das freiwillig. Niemand zwingt ihn dazu - sonst wäre es eben kein Fasten. Einem religiösen Gebot zu folgen zu fasten, ist eine freie Entscheidung - ein Akt der Freiheit." Im Fastenmonat Ramadan setzten die Muslime so ein "Zeichen der Freiheit". Dies sei freilich nur möglich, "weil wir in einem Land leben, das diese Freiheit respektiert", so Schipka: "Nur weil wir also frei sind zu fasten oder nicht zu fasten, deshalb kann das Fasten ein Zeichen der Freiheit sein." Freiheit bedeute dabei immer auch, die Freiheit Andersdenkender und Andersglaubender zu achten und zu schützen.
Schipka weiter wörtlich: "Und weil wir Religionsgemeinschaften Zeichen der Freiheit setzen, indem wir Versöhnung suchen und auf so manches verzichten, was unsere Gesellschaft belastet, sind wir ein wichtiger Teil dieses freien Landes." Die freie Religionsausübung sei ein entscheidender Beitrag dafür, "dass dieses Land auch frei bleibt, dass wir fasten dürfen und nicht hungern müssen - hungern nach Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden".
Er wolle in diesem Zusammenhang auch auf die jüngste Rede von Kardinal Christoph Schönborn hinweisen, in der dieser dazu aufgerufen habe, alles zu tun, damit der Religionsfriede in Österreich erhalten bleibt.
Zum Fasten gehöre aber nicht nur die Freiheit gegenüber Essen und Trinken. Fasten heiße in einem weiteren Sinn auch, "Freiheit zwischen Menschen zu schaffen", so Schipka: "Diese Freiheit entsteht, wenn sich Menschen wieder versöhnen, wenn sie nicht mehr abhängig sind von Ärger oder Streit. Diese Freiheit entsteht, wenn Menschen einander mit Wertschätzung und Hochachtung begegnen auch dann, wenn sie anders denken, anders glauben, woanders geboren sind, anders sind."
Auch im christlichen Glauben habe Fasten - wenn auch in anderer Form - eine wichtige Bedeutung: Es verbinde sich mit dem Gebet und mit Almosen. Schipka: "Wer fastet, fastet nicht bloß für sich - sonst wäre es einfach eine Diät - , sondern als Gottesdienst und als Menschendienst. Fasten - sowohl im Islam als auch im Christentum - ist deshalb ein sanftes Gegenzeichen in unserer Gesellschaft." Wer fastet, verzichte auch auf etwas, von dem andere meinen, sie müssten es unbedingt haben. "Wer fastet, verzichtet auf Speisen, aber auch auf Machtkämpfe, auf das letzte Wort, auf die Durchsetzung der eigenen Interessen. Wer fastet, verzichtet mitunter sogar auf sein Recht, das ihm zusteht. Wer fastet, entlastet auch unseren Planeten von so mancher Ausbeutung", so der Generalsekretär der Bischofskonferenz wörtlich.
Quelle: kathpress