Schönborn: Religionskonflikt durch Friedensarbeit überwinden
Zur Überwindung von Religionskonflikten durch gegenseitige Achtung und Einsatz für andere hat der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn aufgerufen. Christen und Muslime hätten beide die Überzeugung, Gottes letztgültige Wahrheit zu bringen. Der "unausweichliche Konflikt", der sich dadurch ergebe, brauche "andere Lösungen als einen schrecklichen Religionskrieg", so der Kardinal in Gedanken zum Fest Christi Himmelfahrt, welche am Donnerstag auf der Homepage der Erzdiözese Wien veröffentlicht wurden.
Schönborn bezog sich auf den Auftrag Jesu an seine Apostel, zu allen Völkern zu gehen und alle Menschen zu seinen Jüngern zu machen. Diese Bibelstelle, welche das Tagesevangelium zu Christi Himmelfahrt ist, habe er 2001 an der streng islamischen Imam-Sadr-Universität in Teheran gelesen, als ihn muslimische Autoritäten zu einem Vortrag eingeladen hatten, erinnerte der Erzbischof. Christen wären keine Christen, würden sie auf diesen Missionsauftrag Jesu verzichten, habe er damals gesagt, und weiter: Jesus habe die ganze Wahrheit geoffenbart und die Christen glaubten daher, dass seine Lehre auch heute noch "wahr und gültig" ist.
Die Atmosphäre seiner muslimischen Zuhörer sei sehr ernst gewesen, berichtete Schönborn, und sie hätten ihm fragende Blicke zugeworfen, als er sie daran erinnerte, dass sie auf ähnliche Weise davon überzeugt seien, dass der Islam die wahre Religion ist, die Gott durch den Propheten Mohamed geoffenbart hat und die im Koran enthalten ist; auch, dass sie ebenfalls eine "Mission" hätten, alle Menschen zur Annahme des Islam zu bringen, der nach ihrer Auffassung die endgültige, an die ganze Welt gerichtete Offenbarung Gottes sei.
"Müssen unsere beiden Religionen jede für den eigenen Sieg und die völlige Unterwerfung der anderen Religion kämpfen?", habe er damals die Studenten gefragt, erinnerte Schönborn, und weiter: "Ist das viele schöne Reden vom Dialog der Religionen nicht eine Augenauswischerei? Kann es zwischen unseren beiden Religionen überhaupt ein friedliches Nebeneinander oder gar ein Miteinander geben?" Nachdem sich Christen und Muslime über Jahrhunderte immer wieder auf Leben und Tod bekämpft hätten, sei nun in Gegenwart und Zukunft ein "Weg der gegenseitigen Achtung" dringend vonnöten.
Christen und Muslime hätten eines gemeinsam, das als Lösung für den Religionskonflikt dienen könne, wiederholte der Kardinal seine Erklärung von damals. "Gott wird uns einmal nicht nach unserer Religion fragen, sondern nur nach einem: Wie warst du zu deinem Nächsten? Hast du dich um Gerechtigkeit und Versöhnung bemüht? Hast du Hass gesät oder Frieden gestiftet?" Da dies niemand ohne Gottes Hilfe schaffen könne, sei es "so tröstlich, dass Jesus uns versprochen hat: 'Ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt!'"
Quelle: kathpress