Hilfe für Orient-Christen verstärken
Zum verstärkten Einsatz für die bedrängten Christen im Nahen Osten hat einmal mehr der Linzer Bischof Manfred Scheuer aufgerufen. Das sei auch für die Stabilität der gesamten Region unabdingbar. Es sei kaum vorstellbar, dass sich die orientalischen Gesellschaften ohne christliche Präsenz weiter in Richtung Demokratie und Menschenrechte entwickeln, so der Bischof. Er äußerte sich am Mittwochabend im Rahmen der Präsentation des neuen Buches "Baum des Lebens" des Orientexperten und Begründers der "Initiative Christlicher Orient" (ICO), Prof. Hans Hollerweger, im Linzer Priesterseminar.
Bischof Scheuer erinnerte an seinen jüngsten Besuch im Februar in der gerade vom IS zurückeroberten Ninive-Eben im Nordirak. Er habe viele Zeichen des Todes und der Zerstörung gesehen, "aber auch viele Zeichen der Hoffnung und der Auferstehung", so Scheuer.
Schwer bewacht von kurdischen Peshmerga-Truppen und christlichen Milizionären hatten Scheuer und der chaldäische Patriarch Louis Sako u.a. die geschändete St. Kyriakos-Kirche in der völlig zerstörten Kleinstadt Batnaya, rund 15 Kilometer nordöstlich von Mossul, aufgesucht. Das Innere und Äußere der Kirche waren verwüstet, die Wände mit Hassparolen beschmiert, u.a. auch in schlechtem Deutsch: "Oh ihr Kreuzsklaven ihr habt kein Platz in Islamischenland Entweder gehst du raus oder wir töten dich."
In der weniger zerstörten Kleinstadt Telskof konnte der Patriarch hingegen ein neues großes Metallkreuz segnen, das auf einem Hügel angebracht über die Ninive-Ebene strahlt und den Christen Hoffnung auf eine Zukunft in ihrer Heimat geben sollte. Die Christen bräuchten aber Hilfe bei ihrer Rückkehr, betonte Bischof Scheuer am Mittwochabend. Es sei auch Aufgabe der Kirche in Österreich, im Irak zeichenhaft tätig zu werden: "Durch das Gebet, Solidaritätsbesuche vor Ort und materielle Hilfe; etwa beim Wiederaufbau der zerstörten Häuser oder auch bei der Renovierung von Kirchen.
Reichtum an Kreuzesdarstellungen
Hans Hollerweger, Priester, Liturgiewissenschaftler und ICO-Begründer, hat mehr als 25 Jahre den Nahen Osten bereist und dabei auch einen umfassenden Fundus an Fotos über Kirchen, Klöster und Kreuzdarstellungen mit nach Österreich gebracht. Eine Auswahl davon präsentiert er in seinem neuen Buch. Einige der dargestellten Kreuze bzw. Kirchen aus Syrien und dem Irak gibt es heute nicht mehr. Sie wurden von der Terrormiliz IS zerstört. Patriarch Sako hat zum Buch ein Geleitwort verfasst. Er will das Buch auch auf Arabisch herausgeben.
Das Kreuz sei "das" Bekenntniszeichen des christlichen Glaubens, so der Salzburger Ostkirchenexperte Prof. Dietmar Winkler in seinem Vortrag bei der Präsentation. Dabei stehe das zentrale Symbol "in der unglaublichen Spannung zwischen Karfreitag und Ostersonntag, zwischen der schimpflichen Hinrichtungsart, dem Anstoß und der Schande einerseits und der Unbegreiflichkeit der Menschwerdung, der Gotteserkenntnis und der Auferstehung andererseits". Es sei deshalb verständlich, dass sich dieses Zeichen der qualvollen Hinrichtung erst ab dem 4. Jahrhundert als Heilszeichen durchsetzte, wie Winkler erläuterte: "Das Sinnbild des Martyriums Christi wurde zum Sinnbild Jesu Christi selbst." Das Kreuz sei "der theologisch entscheidende Ort christlichen Glaubens und Lebens und hat deshalb auch in der Symbolik von Liturgie, Kunst und Ikonographie seinen besonderen Platz".
Je nach geographischer Region und Zeitkontext habe das Christentum in Ost und West unterschiedliche Kreuzesformen entwickelt. Der faszinierende Reichtum der Kreuzesdarstellungen im Orient werde nun offenbar in Hollerwegers Streifzug durch das Heilige Land, den Libanon, Syrien, den Irak und den Tur Abdin. So würden sich beispielsweise die armenischen Kreuzsteine (Khatchkare) von großer Ornamentik auszeichnen, während im syro-aramäischen Kulturkreis das Kreuz oftmals gleichsam "wie eine lebendige Pflanze" emporwachse.
Die Fotografien Hollerwegers zeigten die hohe Kreativität, Theologie und Kunstfertigkeit des Orients, hätten aber auch "bedeutenden dokumentarischen Wert einer Welt des gefährdeten christlichen Kulturgutes", so Winkler. Letztlich gehe es Hollerweger aber vor allem um die "lebendigen Steine" des Christentums, die Menschen vor Ort.
Das bestätigte auch Hollerweger selbst, der von vielen persönlichen Begegnungen mit den Christen des Orients berichtete. Er sei optimistisch, dass die Christen in ihrer Heimat eine Zukunft haben. Der Orientexperte zeigte sich zugleich davon überzeugt, dass der Islam in einer tiefen Krise stecke.
Rückkehrhilfe in der Ninive-Ebene
Hollerweger konnte zur Buchpräsentation neben Bischof Scheuer u.a. auch die Linzer Altbischöfe Ludwig Schwarz und Maximilian Aichern, Alt-Landeshauptmann Josef Pühringer, Pro Oriente-Präsident Johann Marte, den Abt von Stift Wilhering, Reinhold Dessl und die Vorsitzende der oberösterreichischen Frauenorden, Sr. Michaela Pfeiffer-Vogl, begrüßen.
Der Reinerlös des Buches kommt der Arbeit der ICO im Nordirak zugute. Die ICO engagiert sich dort u.a. in der Rückkehrhilfe für Christen in der Ninive-Ebene. Neben der ICO sind auch die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände (AKV), Christian Solidarity International (CSI), Kirche in Not und die Kardinal König Stiftung in dieser Richtung tätig. Bischof Manfred Scheuer hatte im vergangenen Februar in seiner Funktion als Präsident der Kardinal König Stiftung den Nordirak besucht.
Hans Hollerweger: "Baum des Lebens. Darstellung und Verehrung des Kreuzes im Orient." Linz, 2017. (Infos zum Buch: www.christlicher-orient.at)
Quelle: kathpress