Frauen selbst über Kopftuch entscheiden lassen
Für die Selbstbestimmung von muslimischen Frauen, ein Kopftuch zu tragen oder nicht, hat sich die Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden ausgesprochen. "Ich selbst trage einen Schleier, möchte die Freiheit haben, den Schleier zu tragen, und setze mich für Frauen ein, damit sie die Kopfbedeckung tragen können, die sie möchten", sagte Sr. Beatrix Mayrhofer am Sonntagabend im TV-Sender "Puls 4". Sie nahm teil an der ersten Ausgabe der Diskussionsshow "Im Namen des Volkes", die als Gerichtsprozess mit der früheren OGH-Präsidentin Irmgard Griss inszeniert war und die Frage eines möglichen Kopftuchverbotes an Schulen behandelte.
Ein Kopftuchverbot würde ihr leid tun, betonte Sr. Mayrhofer, die selbst lange Zeit Schuldirektorin in 15. Wiener Gemeindebezirk war. Schulen sollten nicht täglich kontrollieren müssen, ob die Bekleidung ihrer Schüler regelkonform sei, so ihr Standpunkt. Vielmehr sei jedes Kind als Mensch zu sehen, "der da ist, mit seiner ganzen Schönheit und Begabungen und Begrenzung. Ob da ein Stück Tuch auf dem Kopf ist oder nicht - haben wir keine anderen Probleme in Österreich?", hinterfragte die oberste Vertreterin der katholischen Ordensfrauen in Österreich die Debatte.
Gründungsauftrag ihres Ordens sei es gewesen, durch Bildung der Frauen die Gesellschaft zu verändern, betonte die Provinzoberin der "Armen Schulschwestern von unserer Lieben Frau" für Österreich und Italien. Bis heute dauere dieses Anliegen fort. Frauen sollten "ihren eigenen Platz und Stellenwert in der Gesellschaft finden und auf diese Weise selbstbestimmt entscheiden können, wie sie leben, welche Schule, welchen Partner und welchen Beruf sie wählen, und auch, welche Kleidung". Sehr umfassende Freiheiten von Frauen seien somit das Ziel, und zu diesen gehörten auch jene Rechte und Freiheiten, für die Mädchen selbst noch nicht kämpfen können, sagte Mayrhofer.
Der Ordensschleier sei "eine Entscheidung aus religiöser Motivation heraus", während sie das Kopftuch der Muslima als "vielschichtiger" betrachte, relativierte Mayrhofer vorschnelle Vergleiche, und bemerkte auch: "Persönlich glaube ich nicht, dass es gut ist, wenn kleine Kinder schon das Kopftuch tragen." Als wichtig erachte sie jedoch den Versuch, "bei der Erziehung einzuwirken", sowie den genauen Blick darauf, "was für die Eltern und was für das jeweilige Kind wichtig ist und wieviel das Kind selbst entscheiden kann oder nicht". Differenzieren sollte die Kopftuch-an-Schulen-Debatte zudem bei der Frage, ob es um Lehrerinnen oder Schülerinnen gehe.
Wichtiger als die Kopftuch-Diskussion wäre das Reden über die Diskriminierung von Frauen in anderen Bereichen, betonte die Frauenordens-Präsidentin. Wo Frauenrechte verletzt werden, sei aktiver Einsatz nötig, beispielsweise im Fall der Genitalverstümmelung: Diesen Eingriff, der Frauen von Kindheit an schwerwiegend schädige, betrachte sie als "viel Schlimmer als alles, was später kommt". Zudem gelte es den Fokus nicht nur auf Mädchen zu richten, sondern auch auf Buben und junge Männer, bei denen sie ein "großes Defizit in der Förderung und Unterstützung" wahrnehme. Mayrhofer: "Sie sollen sich nicht mehr dadurch definieren, dass sie Frauen unterdrücken oder Mädchen lächerlich machen, sondern zu sich selber stehen und wissen, was ihr eigener Wert ist."
Quelle: kathpress