"Christen mit Turnschuhen" gesucht
Eine geistliche Berufung leben heißt, "echte, glaubwürdige, lebensnahe Dolmetscher für Gott im Sprachwirrwarr der Welt" zu sein: Das hat der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics am Sonntag zum kirchlichen Weltgebetstag für geistliche Berufungen betont. Nötig seien heute "Christen mit Turnschuhen an den Füßen, weil Turnschuhe gleichzeitig für Bodenhaftung wie für Freiheit stehen", so der Bischof in einem Kanzelwort, das in den Sonntagsgottesdiensten aller Pfarren des Burgenlandes verlesen wurde.
Ebenso wie jeder Mensch anders und einzigartig gebe es auch Berufungen "so wie Turnschuhe in jeder Größe, Form und Farbe", so der Bischof. Entscheidend sei es, "den passenden Schuh für den eigenen Lebensweg zu finden und ihn auch anzuziehen".
Entsprechend dieser Verschiedenheit seien geistliche Berufungen nicht am Fließband produzierbar, stellte Zsifkovics klar: "Das tiefe innere Bekenntnis zu Gott lässt sich nicht in kirchlichen Werkstätten drucken wie Banknoten". Der alleinige Aufruf, Mutig zu sein - unter diesem Motto steht der Weltgebetstag dieses Jahr - könne alleine noch kein Patentrezept sein, wie em Priestermangel entgegengesteuert und Berufungen gefördert werden könnten; erst recht nicht in der "gewaltigen Umbruchtsphase", die Kirche, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft derzeit erlebten.
Und doch lasse sich der geforderte Mut "ausbuchstabieren", betonte der Bischof: Zunächst müsse der Blick für das "Kleine als Großes" geschärft werden, denn Gott berufe nicht, um "menschliche Systeme zu erhalten und Strukturen zu verfestigen". Immer sei die Berufung ein Aufruf an einzelne Menschen, für andere ein "konkretes Zeichen der barmherzigen Liebe Gottes" zu werden, sie "auch an den Schattenzonen und den kirchlich nicht immer ganz stubenreinen Ecken" zu suchen und aktiv auf sie zuzugehen.
Zweitens bedürften geistliche Berufungen der konkreten Förderung in der jeweiligen Lebenswelt der Menschen: "Geistliche Berufungen geschehen nicht in lebensfremden, abgehobenen Milieus, sondern überall um einen herum: in den Familien, Pfarren, Schulen, im Berufsalltag, im ganz konkreten Leben", erklärte Zsifkovics. Hinter jeder Berufung zum Priestertum stehe immer auch das "starke Gebet eines anderen Menschen aus der Umgebung", weshalb sie eine "Gotteserfahrung im Kreis der Familie" darstelle.
Berufung sei "oft eine Herausforderung, aber keine Überforderung", betonte Zsifkovics. Gott überfordere nicht, wenn er einen Menschen rufe, sondern wolle ihn vielmehr "sehen lassen, dass die Welt mit Dir anders sein kann". Fundament aller geistlichen Berufungen seien "Menschen, die echt, glaubwürdig und lebensnah, wenn auch nicht perfekt, eine Gottesbeziehung leben", so der Bischof.
Quelle: kathpress