Lob und Tadel für Autonomiepaket
Als "guten Ansatz mit etlichen Wermutstropfen" bewertet der Katholische Familienverband Österreichs (KFÖ) das von Unterrichtsministerin Sonja Hammerschmid vorgelegte Autonomiepaket, das weitreichende Änderungen im Schulwesen vorsieht. KFÖ-Vizepräsidentin Astrid Ebenberger, die selbst an einer pädagogischen Hochschule unterrichtet, beurteilte weite Teile des Pakets in einer Aussendung am Freitag als "grundsätzlich positiv": Die Schulen erhielten durch den Entwurf sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten. Kritik übte die Bildungsexpertin daran, dass die Elternvertreter "erst sehr spät ins Boot geholt" worden seien.
Am Sonntag, 30. April, endet die Begutachtungsfrist für das Autonomiepaket. Mehr als 800 Stellungnahmen gingen dazu ein, für Anfang Mai sind weitere Verhandlungen zwischen Regierung und Gewerkschaft geplant.
Familienverbands-Vizepräsidentin Ebenberger bemängelte im Rückblick auf das bisherige Prozedere die unzureichende Einbindung der Elternvertreter als "unmittelbar Betroffene". Dies könne zu einer "schleichenden Aushöhlung der Schulpartnerschaft" führen, die gemeinsam von Lehrkräften, Schülern und Eltern getragen wird. "Das neue Autonomiepaket birgt die Gefahr, dass die Eltern künftig überrollt werden", warnte Ebenberger und nannte ein konkretes Beispiel: "Künftig kann die Höchstzahl der Schülerinnen und Schüler in einer Klasse durch die Direktion entschieden werden, die Eltern haben dabei kein Mitspracherecht." Die schrittweise Anhebung dieser Klassenschülerhöchstzahl aus Einspargründen sei zu befürchten. Besonders in Ballungszentren würde das jedoch die ohnehin bereits bestehenden Probleme verschärfen.
Was wird mit dem Ethikunterricht?
Weiters forderte der Familienverband in seiner Stellungnahme deutlich höhere zusätzliche Mittel zur Sprachförderung sowie einen verpflichtenden Ethikunterricht, wenn kein Religionsunterricht besucht wird. Im derzeitigen Paket ist die Zukunft des seit den 90er-Jahren laufenden Schulversuchs Ethikunterricht nach wie vor offen.
Positiv bewertete Astrid Ebenberger die anvisierten Änderungen betreffend die Ganztagschulen: Künftig sollen die Schulen selbst entscheiden, ob es neben dem Freitag einen zweiten Nachmittag geben soll, an dem die Anwesenheit verpflichtend ist: "In diese Entscheidung müssen die Schulpartner und damit die Eltern unbedingt miteingebunden werden", so ihre Forderung. Diese Flexibilität ermögliche Familienzeit, aktive Teilnahme am Vereins- oder kirchlichen Leben und damit die "Stärkung der kindlichen Persönlichkeit".
Spielraum sieht die KFÖ-Vizepräsidentin auch noch bei der Sonderpädagogik: Aus dem Bildungsministerium hieß es dazu, die endgültige Gesetzesformulierung solle Platz für eine weitere kleinteilige Betreuung lassen. "Das ist absolut zu begrüßen, auch hier brauchen betroffene Familien Wahlfreiheit", so Ebenberger: "Ist eine Inklusionsklasse gewünscht, muss ein Platz in der Schule und Nachmittagsbetreuung selbstverständlich vorhanden sein." Die Möglichkeit des Besuchs eines Sonderpädagogischen Zentrum mit kleinerer Klassengröße und Therapieangeboten dürfe aber auch nicht verwehrt werden.
"Endlich wieder Bewegung"
Grundsätzlich herrsche beim Katholischen Familienverband Freude, "dass wieder Bewegung in die Bildungsreform kommt und hier eine Einigung zwischen den Koalitionspartnern erreicht werden konnte", sagte Ebenberger. Die angestrebte Autonomie eröffne viele Spielräume, "und ich ermutige die Verantwortlichen an den Schulen, diese Freiheit im Sinne der Kinder und Jugendlichen positiv zu nutzen".
Der KFÖ hofft nun auf eine sachliche und "ideologiefreie" Debatte und Beschlussfassung. Die Zustimmung zum Autonomiepaket im Parlament dürfe nicht an andere ideologisch gefärbte Forderungen wie nach der Gesamtschule geknüpft oder aus Angst um Privilegien verweigert werden, so die Vizepräsidentin. Ihr abschließender Appell an alle Beteiligten: "Geben wir Kindern eine Stimme und verdeutlichen wir uns immer wieder, dass es letztlich um die Schülerinnen und Schüler geht, über deren Zukunft hier entschieden werden soll."
Quelle: kathpress