Priorität für Kampf gegen Armut und Arbeitslosigkeit
Die Bekämpfung von Armut und Arbeitslosigkeit muss "das erste und das oberste Ziel" für die Bundesregierung sein. Mit diesen Worten hat Präsident Michael Landau die Politik bei der Eröffnung der diesjährigen Caritas-"Jobmeile" in die Pflicht genommen. In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit AMS-Vorstand Johannes Kopf und Petra Draxl vom AMS Wien im "carla mittersteig", wo Langzeitarbeitslose eine Chance zum Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt bekommen, schlug Landau u.a. folgende Maßnahmen vor, um der jüngsten "Trendwende" mit zuletzt 58.000 Job-Wiedereinsteigern Nachhaltigkeit zu verleihen: rasche Senkung der Lohnnebenkosten für Geringverdiener und das Phänomen von "Working Poor" - also Armut trotz Erwerbsarbeit - hintanzuhalten.
Das Ziel muss laut Landau lauten, möglichst allen Menschen zu ihrem auch in den Menschenrechten festgehaltenen Recht auf Arbeit zu verhelfen, von der man auch würdig leben kann. Trotz der zuletzt positiven Entwicklung seien immer noch mehr als 430.000 Menschen in Österreich ohne Job. Erwerbslosigkeit ist nach der Überzeugung des Caritas-Chefs "eine der größten Herausforderungen unserer Zeit". Deshalb müsse gelten: "Zeiten der Rekordarbeitslosigkeit verlangen Rekordverantwortung!"
Als bedenkliche Entwicklung bezeichnete es Landau, "wenn Unternehmensgewinne und Börsengewinne steigen und die Löhne gerade auch bei den Schwächsten fallen". Deshalb sei eine Senkung der Lohnnebenkosten unabdingbar. Landau unterstützte die Forderung des WIFO-Chefs und ehemaligen WU-Rektors Christoph Badelt, wonach die Dienstnehmeranteile für Niedrigverdiener fallen müssten: "Das Ziel muss sein, dass Menschen von ihrer Arbeit leben können."
Dies würde auch den knapp 226.000 ganzjährig erwerbstätigen Personen in einem österreichischen Haushalt zugute kommen, der von Einkommensarmut betroffen war. "Working poor" - besonders betroffen: Frauen - seien auf Teilzeitjobs angewiesen, "in Scheinselbstständigkeit entlassen" oder vom Kollektivvertrag nicht mehr erfasst, wies der Caritas-Präsident hin.
Mindestsicherung: "Wie das Amen im Gebet"
"Wie das Amen im Gebet" beim Thema Armut komme bei Landau nach dessen Worten die Forderung nach einer bundesweit einheitlichen Lösung bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung statt einem "Fleckerlteppich" mit neun Strategien in neun Bundesländern. Die Mindestsicherung solle nicht nur vor einem Abrutschen in absolute Armut schützen, sondern auch ein Sprungbrett in die Arbeitswelt sein. Für Personen, für die eine Reintegration in den regulären Arbeitsmarkt in absehbarer Zeit keine realistische Option ist, "brauchen wir so etwas wie einen 'dritten Arbeitsmarkt'", sagte Landau - "ein dauerhaftes, existenzsicherndes Angebot mit hoher Durchlässigkeit zu regulären Jobs".
Angesichts der absehbaren Digitalisierung in der Arbeitswelt brauche es auch verstärkte Bemühungen um Bildung. Denn, so Landau: Je geringer das Bildungsniveau, umso höher die Wahrscheinlichkeit, von Arbeitslosigkeit betroffen zu sein. Dass die Ausbildungspflicht bis 18 heuer Wirklichkeit werden soll, begrüße die Caritas sehr. Zusätzlich müssten Präventivmaßnahmen wie Schulsozialarbeit und Schulabbruchprävention bundesweit ausgebaut werden. "Richtig und klug" sei der Gedanke, dass besonders geforderte Schulen mehr Personal und mehr budgetäre Mittel benötigen als andere. "Wir würden uns als Caritas wünschen, dass der aufs Tapet gebrachte Chancen-Index rasch Wirklichkeit wird", betonte Landau.
1.167 Caritas-Jobs für Langzeitarbeitslose
Die Caritas selbst biete in mehreren Projekten jenen Menschen Perspektiven, die am ersten Arbeitsmarkt nur schwer unterkommen. Landau erwähnte als Beispiele Beschäftigungsprojekte wie im "carla" oder "Arbeitsraum" am Wiener Brunnenmarkt, das Restaurant "Inigo" und den vor kurzem neu eröffneten Spar-Markt in Favoriten. Allein 2016 habe die Caritas 1.167 Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose in knapp 100 Projekten in ganz Österreich anbieten können; die Vermittlungsquote auf den ersten Arbeitsmarkt lag bei bis zu 40 Prozent.
Quelle: kathpress