Kirche begleitet Jugendliche auf dem Weg in den Arbeitsmarkt
Für viele Jugendliche ist die Schwelle zwischen Berufsausbildung und Einstieg ins Arbeitsleben hoch. Externe Hilfen sind in dieser entscheidenden Lebensphase wichtig, wobei die Kirchen dazu mehrere Initiativen laufen haben. Ein Blick auf einige Beispielprojekte zeigt auf, für welche Gruppen und in welcher Form Unterstützung nötig ist. Besonders Jugendliche aus schwierigem sozialen Hintergrund, mit Flucht- und Migrationsvergangenheit sowie auch junge Menschen mit Behinderungen und besonderen Bedürfnissen stehen im Fokus der kirchlichen Bemühungen.
Auf Berufseinstiegs-Hilfe für junge Menschen mit Behinderung und speziellen Bedürfnissen spezialisiert sich die evangelische Diakonie mit ihrer Inklusiven fachspezifischen Schule für individualisierte Lehrausbildung (Inklusive FIT-Schule) in Wien-Leopoldstadt: Unter einem Dach finden hier 46 Schüler berufliche Bildung, sonderpädagogische Begleitung und Berufsorientierung vereint, bei kleinen Klassen und modularem Unterricht, der individuelle Förderung ermöglichen soll. Die Dauer des Schulbesuchs hängt davon ab, wie lange der jeweilige Schüler für die Ausbildungsstufen benötigt.
Aufgenommen werden Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren, die somit nicht mehr unter die Schulpflicht fallen. Ihre Beeinträchtigungen sind sehr unterschiedlich, umfassen solche im Bereich der Entwicklung oder Sinne ebenso wie Lernschwierigkeiten oder auch körperliche Behinderungen. Ziel der Diakonie ist es, diese Schüler individuell zu fördern, sagt die Geschäftsführerin der Diakonie-Bildung, Ulrike Haidenthaller. Schließlich würden sie von der Arbeitswelt nicht automatisch mit offenen Armen empfangen. "Wir wollen sie ein Stück begleiten und Ihnen den nächsten Schritt in die Arbeits- oder Ausbildungswelt erleichtern." Auch noch nach einem Berufseinstieg wird begleitendes Coaching angeboten.
Schuleinstieg für junge Flüchtlinge
Auf jugendliche Frauen mit Flucht- oder Migrationshintergrund konzentriert sich das erst im vergangenen Herbst gegründete Diakonie-Projekt "Qualify for hope". Dieser Gruppe falle der Einstieg in die Berufs- oder Schulausbildung aufgrund etlicher Hürden und fehlender Offenheit seitens der Gesellschaft besonders schwer, erklärt Haidenthaller. 80 Teilnehmerinnen erhalten derzeit im Rahmen des Projekts, das gemeinsam mit dem Bildungs- und mit dem Sozialministerium durchgeführt wird, die notwendige Vorausbildung, wobei der Fokus sowohl auf Unterricht als auch auf Vorbereitungen für den Arbeitsmarkt liegt.
"Das Hauptproblem bei Jugendlichen mit Fluchthintergrund ist, dass sie nicht wissen, wie man in Österreich Bewerbungsunterlagen erstellt und eine Arbeits- oder Lehrstelle findet", sagt Michael Gaßmann, Leiter des Projekts "Hands on". Die Initiative der Katholischen Aktion Wien betreut derzeit neun Jugendliche durch einen Mentor, klärt Bedürfnisse, Wünsche, Möglichkeiten und Alternativen der Jugendliche ab und hilft ihnen etwa bei Behördenwegen, Prüfungs-Vorbereitungen oder beim Finden von Deutschkursen. So wird etwa momentan ein junges Mädchen in der zweiten Bewerbungsrunde zur Lehre einer Bankkauffrau unterstützt oder ein anderer Jugendlicher, der im Speditionsbereich arbeiten möchte.
Weg zur Arbeit und "Lebensschule"
Jugendliche aus stark belasteten Lebenslagen begleitet in Linz das Jugendprojekt "JU-CAN" auf ihrem Weg in die Arbeitswelt. Das seit sieben Jahren laufende Projekt der diözesanen Arbeitslosenstiftung verfolgt einen neuen, niederschwelligen Betreuungsansatz. Geschäftsführer Christian Winkler spricht von einer "Lebensschule", die zugleich Berufsorientierung gebe als auch die Möglichkeit, Arbeitserfahrungen zu sammeln. 15 Betreuungsplätze gibt es jährlich, die Vermittlungsquote liegt bei 60 Prozent.
In der Diözese Graz-Seckau kümmert man sich ebenfalls um Jugendliche, die Hilfe beim Berufseinstieg benötigen. "Bei unserem Patenprojekt organisieren wir für Jugendliche ehrenamtliche Betreuer, die sich um die jungen Menschen vor allem auf persönlicher Ebene kümmern", sagt Bernhard Schwarzenegger, Geschäftsführer des Fonds für Arbeit und Bildung. Bei allen Tätigkeitsbereichen - der Berufsorientierung, der Lehrstelle oder anderen Belangen - geben stets die Jugendlichen selbst das Ziel vor. Betreut werden sie dabei von insgesamt etwa 20 Paten.
Ausbildungspflicht für Betriebe
Jugendlichen bereite heute bei der Arbeitssuche einerseits die strukturelle Arbeitslosigkeit Probleme, als auch die für sie hohe Schwelle des Arbeitsfindens, so der Eindruck von Michael Gaßmann vom Wiener Projekt "Hands on". Oft komme noch fehlende Frustrationstoleranz hinzu. "Man muss es schon einmal aushalten, vom Lehrer auch getadelt zu werden."
In die Pflicht zu nehmen seien jedoch auch die Unternehmen: "Jeder will Facharbeiter, aber niemand bildet mehr aus. Die Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr stellt zwar sicher, dass die Jugendlichen eine überbetriebliche Ausbildung absolvieren können, danach stehen sie aber wieder ohne Job da." Gaßmann fordert eine Ausbildungspflicht auch für die Betriebe: "Jeder Betrieb, der mehr als 100 Mitarbeiter hat, müsste verpflichtend zwei Lehrstellen haben."
Mitsprache für Lehrlinge
Doch auch für Jugendliche, die bereits eine Lehrstelle gefunden haben, laufen kirchliche Initiativen. Dazu zählt u.a. das Bildungsprojekt "wir.gestalten.arbeit" der Katholischen Jugend Österreich (KJÖ), das Lehrlinge mit Politikern ins Gespräch bringt. Ziel der Initiative ist ein Beitrag zur "fairen Arbeit": Faire Arbeitszeiten, gute Entlohnung, Weiterbildungsmöglichkeiten, ein gesicherter Ausbildungsplatz, Gleichberechtigung zwischen männlichen und weiblichen Lehrlingen und ein respektvoller Umgang sind einige der Visionen, die hunderte Jugendliche im Rahmen von in vier Bundesländern abgehaltenen Workshops formuliert und vor drei Wochen in Wien an Jungpolitiker aller Parlamentsparteien übermittelt haben.
Das Projekt soll Jugendlichen Verständnis für Politik vermitteln und ihnen Mut zu eigenem politischen Engagement machen, erklärt der ehrenamtliche KJÖ-Vorsitzende Matthias Kreuzriegler. "Die Devise lautet: Mit Jugendlichen und nicht über sie sprechen." Die Politik solle mit Jugendlichen in der "Umbruchszeit" des Übergang von der Schule in die Arbeitswelt über ihre Hoffnungen und Sorgen sprechen und gemeinsam mit ihnen nach Gestaltungsmöglichkeiten finden. Kooperationspartner für "wir.gestalten.arbeit" sind die Jungen ChristgewerkschafterInnen (FCGJ), Iustitia et Pax, die Katholische ArbeiterInnen Bewegung (KAB) und die Bundesjugendvertretung (BJV).