Bürgler für Kirchenreform ohne Voreingenommenheit
Zu einer Kirchenrefom, bei der die eigenen Vorstellungen zurückgenommen werden und man sich auch auf Neues einlässt, hat der Innsbrucker Diözesanadministrator Jakob Bürgler aufgerufen. Wirkliche und nachhaltige kirchliche Aufbrüche hätten immer dort stattgefunden, "wo die Kirche sich selber zurückgenommen hat und unwägbare und unsichere Wege gegangen ist", so Bürgler. Er stand am Mittwoch dem traditionellen Festgottesdienst vor, der jedes Jahr am Vorabend des Gedenktages des Diözesanpatrons Petrus Canisius gefeiert wird. Die Messe im Innsbrucker Dom wurde heuer von den Pfarren Hall in Tirol und Absam mitgestaltet.
Der heilige Petrus Canisius habe mit seinem Leben bezeugt, was für die Kirche ein Dauerauftrag sei: Reform. "Jede Gemeinschaft, die sich gefestigt und etabliert hat, die stabile Strukturen aufgebaut hat, die selbstsicher geworden ist, ist in Gefahr, sich anzupassen, sich an den Gegebenheiten zu orientieren, sich an Strukturen und Einrichtungen festzuhalten und dabei die innere Kraft zu verlieren", mahnte Bürgler. Die Kirche sei deshalb zu jeder Zeit angehalten, "sich neu auf die frohe Botschaft Jesu einzulassen und immer mehr dem zu entsprechen, was ihr der Herr aufgetragen hat".
Die Kirchengeschichte zeige, dass es neben dem ständigen Bemühen um Reform immer wieder auch große Schritte der Reform gegeben hat, so der Diözesanadministrator: "Und wir werden den Eindruck nicht los, dass die Kirche in unserer Zeit - mit ausgelöst durch einen gewaltigen gesellschaftlichen Umbruch - vor oder in einer solchen Reform steht." Strukturen und Gewohnheiten, die über lange Zeit beheimatet und getragen haben, würden schwächer oder fielen aus.
Unterschiedliche Vorstellungen
Die Ideen und Vorstellungen über Reformen gingen freilich weit auseinander, wie Bürgler unter Verweis auf den Theologen Rainer Bucher sagte. Bei den "Traditionalisten" sei es die "Priesterkirche der Spitzengewänder und der barocken Gesamtentfaltung kirchlicher Schönheit". Im letzten sei dies die "ästhetische Vision einer kosmischen Bedeutsamkeit der katholischen Kirche über und jenseits aller konkreten Zeiten und Orte".
Beim "Gemeindechristentum" sei es die "Pfarrfamilie, bei der die Kinder ebenso froh in die Kirche gehen wie die Eltern". Die Menschen scharten sich um einen freundlichen Priester. Das Leben der Menschen werde alltäglich wie in den Krisensituationen gestützt und begleitet. Wieder andere würden sich vor allem mit einer "Aufbruchskirche" der Nachkonzilszeit identifizieren, sie engagierten sich in religiös motivierten sozialen Bewegungen für die Umwelt und die Armen, für Gerechtigkeit und Frieden.
Es werde aber letztlich nicht funktionieren, "eigene Sehnsüchte als Zukunftsmodell von Kirche zu nehmen", betonte der Diözesanadministrator.
"Gott im Heute suchen"
Der Weg der Kirche in die Zukunft führe wohl am ehesten über eine Analyse jener kirchlichen Orte, an denen sie unter postmodernen Kontexten "funktioniert", und zwar im Sinne des kirchlichen Auftrages, ein "Zeichen und Werkzeug des Heils" zu sein. Bürgler: "Das sind jene pastorale Orte, wo man ehrlich und aufmerksam ist, wertschätzend und solidarisch, wo Kirche sich schmutzig macht, wo es zu einer kreativen Konfrontation von Evangelium und heutiger Existenz kommt, wo man Gott also im Heute und nicht in der Vergangenheit oder der Zukunft sucht, um den Papst zu zitieren."
Die zentralen geistlichen Kompetenzen, die man für die Gestaltung solcher Orte braucht, seien liebende Aufmerksamkeit, Demut und Vertrauen. Bürgler: "Liebende Aufmerksamkeit heißt die Wirklichkeit wahrnehmen, wie sie ist, und ihr so wie sie ist, mit Liebe zu begegnen. Demut heißt, den anderen wichtiger zu nehmen als sich selbst, und Ermutigung durch Vertrauen bedeutet, dem anderen - und übrigens auch sich - ein Stückchen mehr zuzutrauen, als man es eigentlich verdient."
Konkret bedeute das, "sich ganz bewusst und zugleich mit demütigem Selbstbewusstsein als Christin und als Christ in die Welt einzubringen". Dazu komme die Verpflichtung zu einer Spurensuche: "Wo kann man heute Licht und Salz außerhalb jener Grenzen entdecken, die wir selber in unserer Vorstellung von Kirche ziehen? Wo müssen wir das Planungsheft aus der Hand geben und einer Spur folgen, die vielleicht nicht unseren Sehnsüchten oder noch mehr unseren Idealbildern entspricht, die aber zur Freude und zur Frische des Evangeliums führt?"
Diözesanpatron Petrus Canisius
Der hl. Petrus Canisius (1521-1597) stammt aus Nijmwegen, das auf dem Gebiet der heutigen Niederlande liegt. 1543 trat er in den damals jungen Orden der Jesuiten ein und wurde 1546 zum Priester geweiht. In dieser Zeit war die Lage der Katholischen Kirche in Europa katastrophal, der Priesterstand war bei den Menschen verachtet, die Kirchen waren leer. Unermüdlich setze sich Petrus Canisius für die Wiederherstellung und Festigung der katholischen Kirche in Mitteleuropa ein. Mit der Ausarbeitung eines "Katechismus" - einer leicht verständlichen Erklärung der christlichen Glaubensinhalte - trug er wesentlich zu einem Neuaufbruch im Glauben der Bevölkerung bei.
Canisius war u.a. Rektor und Theologieprofessor der Universität Ingolstadt (heute Ludwig-Maximilians-Universität München) und zählte zu den ersten Jesuiten, die ab 1551 nach Wien beordert wurden, um die Gegenreformation voranzutreiben. Das Bischofsamt lehnte er ab, die Ernennung zum Administrator der Diözese Wien für die Jahre 1554 bis 1555 akzeptierte er. Im Februar 1556 predigte Canisius im überfüllten Stephansdom.
Seine zahlreichen Reisen führten Petrus Canisius auch nach Tirol, wo er von ca. 1560 bis 1580 immer wieder wirkte. Auf Wunsch von Kaiser Ferdinand I. gründete Canisius in Innsbruck eine Schule und das Jesuitenkolleg. 1571 wurde er Hofprediger bei Erzherzog Ferdinand II. in Innsbruck. Als das Kirchengebiet von Innsbruck 1964 zur Diözese erhoben wurde, wählte man den Heiligen Petrus Canisius zum Patron. Sein Festtag ist der 27. April.
Quelle: kathpress