Diözese Graz feiert "Herzbischof" Johann Weber
"Unser 'Herzbischof' wird 90": Unter diesem Titel feiert die Diözese Graz-Seckau ihren von 1969 bis 2001 amtierenden Diözesanbischof Johann Weber und würdigt den Jubilar auf ihrer Website als "Vater des diözesanen Aufbruchs". Nach wie vor sei der Name Johann Weber mit einer Zeit in der Steiermark verknüpft, in der Fortschritt und Aufbruch auch stark geistlich besetzt gewesen seien. Noch immer wirke er als Seelsorger in Graz, "nach wie vor ist jede Begegnung mit ihm geprägt von offener schlichter Herzlichkeit".
Aus Anlass seines 90. Geburtstages feiert Weber am 30. April um 9 Uhr die Sonntagsmesse mit der Pfarrgemeinde Graz-Andritz. Hauptzelebrant und Prediger wird Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl sein. Der bekannt bescheidene Altbischof bittet, von persönlichen Geschenken abzusehen und stattdessen für die Caritas der Pfarre Andritz oder den diözesanen Fonds für Arbeit und Bildung zu spenden.
Biographie und Werdegang |
Am 26. April 1927 in Graz als Sohn eines Gendarmerie-Beamten geboren, wuchs Johann Weber gemeinsam mit fünf Geschwistern auf. Bis zur Schließung des Bischöflichen Seminars 1938 war er dort Schüler, anschließend im Akademischen Gymnasium. Nach dem Militärdienst im Zweiten Weltkrieg begann Weber mit dem Theologiestudium an der Grazer Universität. Am 2. Juli 1950 wurde er in Graz zum Priester geweiht. Nach Kaplans-Jahren in Kapfenberg und Köflach wurde er 1956 Diözesanjugendseelsorger der Katholischen Arbeiterjugend. In dieser Funktion wirkte Weber sechs Jahre lang, bis er 1962 Stadtpfarrer von Graz-St. Andrä wurde.
Als Stadtpfarrer stellte Weber in seinem Arbeitsgebiet bald neue Weichen, vor allem in der Krankenseelsorge und im sozialen Bereich. So wurde auf seine Initiative unter anderem das "Heim der offenen Tür" - eine Unterkunft für Schwangere in Not - in Graz errichtet. Am 10. Juni 1969 ernannte Papst Paul VI. Weber zum 56. Bischof der Diözese Graz-Seckau. Die Bischofsweihe empfing er am 28. September im Grazer Dom. Nach Konzil neue Weichen gestellt Bischof Weber übernahm die Diözese in einer überaus schwierigen Situation, geprägt durch den plötzlichen Rücktritt von Bischof Josef Schoiswohl und die starke nachkonziliare Polarisierung im Klerus. Als Bischof stellte Weber in vielen Bereichen neue Weichen im Sinne der Konzilsreformen und wurde durch seine herzliche, umgängliche Art zum beliebten "Leutebischof": In seiner Amtszeit wurden die Pfarrgemeinderäte und der Diözesanrat eingerichtet, er vergab erstmals an einen Laientheologen die Stelle eines Pastoralassistenten und er setzte zum ersten Mal Ordensfrauen zur "geschäftsführenden" Leitung einer priesterlosen Pfarre ein. Weber rief die Telefonseelsorge ins Leben, später wurden in Graz das Kulturzentrum bei den Minoriten und das Welthaus errichtet.
Viele große Ereignisse der vergangenen 30 Jahre - von der Österreich-Synode 1973/74 über den Katholikentag 1981 in Graz, den "Tag der Steiermark" 1993, die "Wallfahrt der Vielfalt" 1996, die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz bis zum "Dialog für Österreich" 1998 - wurden von Bischof Weber initiiert oder entscheidend mitgeprägt. Zu den Höhepunkten seiner Amtszeit zählte auch der Besuch von Papst Johannes Paul II. im Jahr 1983 in Mariazell. Ab 1995 Vorsitz der Bischofskonferenz In der Österreichischen Bischofskonferenz war Bischof Weber zunächst Referent für Jugendfragen, später zuständig für den Bereich "Kirche in der Gesellschaft". Lange Zeit war er auch für die Gefangenenseelsorge, für die Ordensgemeinschaften und für pastorale Angelegenheiten zuständig. Weber war einer der Betreiber des bislang letzten Sozialhirtenbriefes der Bischofskonferenz von 1990. Im Mai 1995 wurde Weber zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz gewählt, nachdem Kardinal Hans Hermann Groer dieses Amt nach Missbrauchsvorwürfen zur Verfügung gestellt hatte; Weber übte diese Aufgabe bis 1998 aus. Außerdem wurde er "Medien-Bischof" und war für die Theologischen Fakultäten und Hochschulen sowie für die österreichische Theologische Kommission zuständig. Als langjähriger Referent für die Priesterseminare und Präsident des Zentrums für geistliche Berufe ("Canisiuswerk") war Bischof Weber die Sorge um den Priesternachwuchs ein großes Anliegen.
Im Jahr 2001 legt Johann Weber sein Amt aus gesundheitlichen Gründen zurück. Der Papst ernannte Bischof Egon Kapellari zum Nachfolger. Seit mehr als einem Jahr lebt Weber im Alten- und Pflegeheim der Dienerinnen Christi in Graz Andritz, jenem Teil von Graz, wo er auch vor 90 Jahren das Licht der Welt erblickte. Als Seelsorger ist er weiterhin im Pfarrverband Graz-St. Leonhard, Graz-Ragnitz und Graz-Kroisbach tätig. |
Krautwaschl ist auch einer der Gratulanten, die sich in einem am Donnerstag freigeschalteten Themenschwerpunkt auf der Diözesan-Website zum 90er seines Vorgängers zu Wort melden (https://www.katholische-kirche-steiermark.at/specials/90-geburtstag-von-altbischof-weber). Würdigungen kommen weiters vom emeritierten Diözesanbischof Egon Kapellari, von Caritasdirektor Herbert Beiglböck, von Erich Hohl als Vertreter der Katholischen Aktion, von Hans Schrei, Pfarrer des Pfarrverbandes Graz-St.Leonhard, wo Bischof Weber seit 2012 an Sonntagen liturgisch und seelsorglich mitwirkt; Superintendent Hermann Miklas gratuliert ebenso wie Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, sein Stellvertreter Michael Schickhofer und der Ex-Chefredakteur des steirischen ORF-Landesstudios, Günther Ziesel.
Als prominentester Gratulant von außerhalb der Steiermark meldet sich der Nachfolger Webers als Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz, Kardinal Christoph Schönborn, zu Wort. Und in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung "Die Furche" blickt der frühere Caritas-Präsident Franz Küberl auf viele gemeinsame Jahre mit dem Jubilar zurück.
Schönborn: "Dramatische Zeit" ab 1995
An seine Zeit als Kaplan in der Grazer Katholischen Hochschulgemeinde, wo er Bischof Weber kennenlernt, erinnerte sich "dankbar" der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn. "Als bischöfliche Mitbrüder haben wir gemeinsam die dramatische Zeit 1995-1998 erlebt, wo er den Vorsitz der Bischofskonferenz übernommen hatte", blickte der Kardinal auf die Turbulenzen rund um seinen des Missbrauchs beschuldigten Vorgänger Hans Hermann Groer zurück. In dieser schwierigen Phase für die katholische Kirche in Österreich habe Johann Weber mit "Umsicht und Klugheit" Verantwortung getragen. "Er war und ist ein volksnaher Bischof", würdigte Schönborn. "Das Wort: immer bei den Menschen sein, hat sich beim ihm besonders gut verwirklicht."
Als ehemaliger Zeremoniär Johann Webers fallen dem Grazer Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl viele Begegnungen mit seinem Vorgänger ein, wie er in seinen Gratulationsworten meinte. Auch nach der Mitteilung der Nuntiatur, dass Papst Franziskus ihn zum Bischof erwählt habe, und nach einer schlaflosen Nacht habe er am Morgen des 13. April 2015 Bischof Weber besucht und sei von seinem Segen gestärkt worden. Und Krautwaschl direkt an den Jubilar gewandt: "Für Dein einfach treues Mitgehen mit der Kirche und damit in den Spuren des Evangeliums ein riesengroßes Vergelt's Gott!" Dank äußerte Krautwaschl auch dafür, "dass Du wirklich dort gegangen bist, wo Deine Kirche von Graz-Seckau Dich gebraucht hat: mal voran, mal hinterher, mal mitten drin".
Stationen eines Lebens
In bald 90 Lebensjahren, davon 67 als Priester, 32 als Diözesanbischof und nun schon 16 Jahre als Emeritus, habe Johann Weber besonders viel von dem erlebt, was Jesus in seinem Gleichnis vom Sämann beschrieb: Darauf verwies Bischof Egon Kapellari und erinnerte dabei an "unverdrossene Aussaat und immer wieder Erntefreude, dazwischen viel Hoffnung, viel Erfolg, aber auch nicht wenig Enttäuschung und Schmerz". Der runde Geburtstag Webers sei im Blick auf all das auch ein Erntedankfest von besonderem Rang. Die Ernte "dieses wetterfesten und guten Hirten" sei groß, viele Menschen in Österreich und weit darüber hinaus "wissen und bedanken dies. So auch ich, sein Nachfolger", schrieb Kapellari.
Ein "Bischof zum Angreifen"
Als "Bischof zum Angreifen" bezeichnete der steirische evangelische Superintendent Hermann Miklas den Jubilar. Dessen Amtsantritt sei in eine Zeit großer gesellschaftlicher Umbrüche - Stichwort "1968" - gefallen, "und Johann Weber war genau der richtige Mann für diese neue Zeit: volksverbunden, authentisch, sich ehrlich auf die aktuellen Fragen der Menschen einlassend, ohne Berührungsängste vor der Arbeiterschaft". Zwar machte die Säkularisierung mit steigenden Kirchenaustritten auch vor der Steiermark nicht Halt, so Miklas: "Doch behielten auch jene Menschen, die der Institution Kirche zunehmend kritisch gegenüber standen, vor Johann Weber als Person und als Christ tiefen Respekt."
Bischof Weber habe "immer vorgelebt, jeden einzelnen Menschen mit all seinen Begabungen und Grenzen zu mögen und mit jedem etwas von der Freude, Hoffnung und Leid zu teilen, damit die Botschaft des Evangeliums etwas deutlicher in dieser Welt spürbar und erkennbar ist", schrieb der steirische Caritasdirektor Herbert Beiglböck als langjähriger "Weggefährte" Webers.
Sein Vorgänger Franz Küberl, ebenfalls über viele Jahre in verschiedenen Funktionen mit Weber verbunden, erinnerte in der "Furche" an dessen bischöflichen Wahlspruch "Evangelizare pauberibus - den Armen die frohe Botschaft verkündigen". Dies habe Weber in all seinen Dienstjahren "treu und wagemutig als bischöfliche Grundmelodie des Handelns umzusetzen" gesucht. Weber sei vom II. Vatikanum geprägt ein Mann des Dialogs über Konfessions-, Generations- und "Lager"-Grenzen hinaus gewesen, "er war ein Leute-Bischof, bei den Menschen äußerst beliebt".
"Kirche als selbstbewussten Dialogpartner in die moderne Gesellschaft einzubringen" - dies habe Erich Hohl, Generalsekretär der steirischen Katholischen Aktion, in der Bischofszeit Webers als sehr prägend erlebt - etwa beim "Tag der Steiermark" im Jahr 1993.
"Unerschöpfliche Liebe zur Heimat"
Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer erinnerte auf der Diözesan-Website an den Besuch Johannes Pauls II. in Mariazell im Jahr 1983 als einen Höhepunkt des Wirkens von Bischof Weber, damals "ein herzlicher Gastgeber". Er danke namens aller Steirer für Webers "unerschöpfliche Liebe und Treue zur Heimat sowie sein grenzenloses Engagement". Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer bezeichnete Arbeit in seiner Gratulation als sinnstiftend und Menschenwürde verleihend: "Ich bin froh, dass wir bei diesem Ziel so wunderbare Verbündete haben wie Altbischof Johann Weber".
Der frühere ORF-Landes-Chef Günther Ziesel wollte die Amtszeit von Johann Weber als Bischof "nicht als Ära bezeichnen, weil mir dieses Wort zu sehr mit Macht und Prunk verbunden ist, und gerade das wird der Persönlichkeit Johann Webers am wenigsten gerecht". Es sei vielmehr eine "Periode der Menschlichkeit, der Öffnung und des Zugehens auf die Menschen" gewesen.
Ein bezeichnendes Schlaglicht auf die Persönlichkeit Johann Webers warf Pfarrer Hans Schrei in seiner Gratulation: 2012, schon Monate vor der Errichtung des neuen Pfarrverbandes St. Leonhard, Kroisbach und Ragnitz habe sich der Altbischof als erster bei ihm gemeldet und Folgendes mitgeteilt: "Ich werde ab September 2012 an Sonntagen keinen Auswärtstermin mehr annehmen, damit ich euch an den Sonntagen zur Verfügung stehen kann. Mit mir kannst du an jedem Sonntag rechnen!" Diese Ankündigung des damals schon 85-Jährigen habe ihn persönlich sehr berührt, so Schrei, "und er hat seine Zusage bis jetzt eingehalten".
Themenschwerpunkt zum Geburtstag von Altbischof Weber auf der Homepage der Diözese Graz-Seckau
Quelle: kathpress