Neue ORF-Doku zeigt die "Mysterien von St. Stephan"
"Was wäre wenn" - die erhaltenen Pläne eines unbekannten Architekten für den Bau des Nordturms des Stephansdoms ausgeführt worden wären? Die Wiener Kathedrale wäre mit 170 Metern heute immer noch der höchste Kirchturm der Welt. Dieses Geheimnis lüftet eine neue Dokumentation, die am Donnerstagabend in Wien präsentiert wurde und am Ostermontag auf "ORF III" ausgestrahlt wird. Vor den Augen des Betrachters entsteht in dem Film auf Grundlage des mittelalterlichen Plans und von Berechnungen mittels Computersimulation ein gewaltiger Turm. Er überragt den bestehenden 137 Meter hohen Südturm ("Steffl") deutlich und hätte dem Dom und der gesamten Stadt eine völlig neue Silhouette gegeben. Das ist nur eines von insgesamt zehn Geheimnissen im Film von Günter Schilhan über den unbekannten Dom.
Gelöst wird darin auch das Rätsel um die Geheimschrift von Herzog Rudolf dem Stifter, der 1359 den Grundstein für den Neubau des gotischen Stephansdoms legte. Durch die chemische Analyse jener Tinte, mit der der Habsburger eine Urkunde für den Dom unterfertigte und gleichzeitig darauf einen verschlüsselten Text schrieb, konnte Rudolf als Urheber der Geheimschrift ermittelt und diese zugleich entschlüsselt werden. Nicht alle Mysterien, die in der Dokumentation thematisiert werden, erhalten eine Auflösung: Rätselhaft bleibt der Zweck der 12 Meter unter dem Stephansplatz gelegenen Virgilkapelle, die erst 1972 im Zuge des U-Bahn-Baus wiederentdeckt und in den vergangenen Jahren vollständig renoviert und zugänglich gemacht wurde.
Neben zahlreichen Experten kommt auch Kardinal Christoph Schönborn in dem Film zu Wort. Reliquien seien für Gläubige "eine Brücke zwischen dieser und der anderen Welt". Gleichzeitig müsse man im Blick auf ihre Echtheit im einzelnen "nicht alles tierisch ernst nehmen", sagt der Wiener Erzbischof über den im internationalen Vergleich bedeutenden Reliquienschatz der Domkirche. Die zahlreichen Geheimnisse und Überraschungen, wie die kürzlich wieder aufgefundene älteste Glocke des Domes aus dem Jahr 1280, machten deutlich, dass "der Dom lebt". Er freue sich schon sehr darauf, dass am Ostersonntag die "Chorglocke" erstmals wieder als Teil des Geläuts offiziell erklingen wird, so der Kardinal.
Der Stephansdom, mit rund 5,5 Millionen Besuchern jährlich das mit Abstand beliebteste Denkmal, ist nicht nur für Wien, sondern "für ganz Österreich ein Wahrzeichen". Das betonte der Wiener Stadtrat Michael Ludwig bei der Präsentation im 20. Stock des Ringturms. Die Domkirche "ist für mich ein Zentrum von Glauben und Einkehr, wo auch ich immer wieder Kraft tanke", hielt der SPÖ-Politiker in den Unterlagen für die Filmpräsentation fest.
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz verwies darauf, dass schon die ersten beiden Dokumentionen in den Vorjahren über den Wiederaufbau des zerstörten Domes nach 1945 sowie über die Pummerin "die am meisten gesehenen Produktionen auf ORF III" waren. Der jetzige Film bringe "so viel Neues wie selten in einer Dokumentation", sagte Wrabetz. Er habe ursprünglich gedacht, dass der "Dom jetzt auserzählt ist. Aber wir wollen es weiter fortsetzen", so der ORF-Chef. Besonders erfreut darüber zeigte sich der Obmann des Vereins "Unser Stephansdom", der Koproduzent des Filmes ist. "Der Dom ist so voller Geheimnisse, dass eine Fortsetzung fast notwendig ist", sagte Günter Geyer bei der Begrüßung den zahlreichen Gästen aus Medien, Kirche und Kultur.
"Mysterien von St. Stephan - Der unbekannte Dom" wird am Ostermontag, 17. April, um 20.15 Uhr auf ORF III ausgestrahlt. Der Sender plant für diesen Tag einen "Themenmontag" über den Stephansdom und andere bedeutende Kirchen in Österreich. Bereits um 19.55 Uhr steht dabei mit "Gedanken zum Stephansdom" eine weitere Neuproduktion auf dem Programm des Kultur- und Informationssenders. Zu Wort kommen neben Kardinal Schönborn auch Kulturminister Thomas Drozda, der Wiener Bürgermeister Michael Häupl und der ehemalige Caritas-Präsident Franz Küberl.
Quelle: kathpress