Caritas rechnet mit Anstieg freiwilliger Rückkehr
Die Caritas geht von einer Zunahme der freiwilligen Rückkehr von Flüchtlingen in die Herkunftsländer aus. Maßnahmen wie die soeben angelaufene Informationsoffensive der Regierung, in der die Rückkehrberatung beworben wird, "dürften kurzfristig durchaus Wirkung zeigen", so die Einschätzung von Generalsekretär der Caritas Österreich, am Donnerstag gegenüber "Kathpress". Wenn sich die Caritas dabei selbst als Beratungsorganisation beteilige, so entspreche dies dem eigenen christlichen Grundauftrag. Zentral gehe es der kirchlichen Hilfsorganisation darum, eine freie Entscheidung zu gewährleisten und mit allen gegebenen Möglichkeiten zur Reintegration beizutragen, sagte Wachter.
Innenminister Wolfgang Sobotka hatte am Mittwoch eine Verstärkung der Bemühungen, Flüchtlinge zur freiwilligen Rückkehr zu bewegen, angekündigt. Bis 2019 sollten 50.000 Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive bzw. mit negativem Verfahrensausgang Österreich verlassen, ein guter Teil davon laut Sobotka freiwillig. Die ersten 1.000 Flüchtlinge sollten dazu mit jeweils 1.000 Euro unterstützt werden, zudem werde man mehr als bisher über die Option einer selbstständigen Rückkehr informieren. Eine Werbekampagne an Verkehrsknotenpunkten wurde dafür bereits gestartet.
Von den 10.700 geflüchteten Personen, die Österreich im Vorjahr verließen, taten dies 5.800 freiwillig - und von denen wiederum 1.850 mit Unterstützung der Caritas. Jeder Dritte dieser Gruppe ging in den Irak, 342 in den Iran und 250 nach Afghanistan, gefolgt von der Russischen Föderation, Syrien, China, Kosovo, Ukraine, Serbien und Libanon, teilte Wachter mit. Freiwillige Rückkehr betreffe dabei vorrangig Flüchtlinge, bei denen ein negativer Ausgang des Asylverfahrens befürchtet wird, bei rechtskräftigen Negativ-Bescheiden innerhalb von 14 Tagen, bei extrem langen Verfahren sowie bei großen Integrationsproblemen.
Freiwillige Rückkehr müsse "unbedingt Vorrang haben gegenüber erzwungenen Abschiebungen", so der Standpunkt der Caritas, der sich auch mit den EU-Zielen für die Rückkehr deckt. Wichtig sei, dass die Entscheidung dazu "von der betreffenden Person selbst nach guter Beratung mit ausreichender Information und ohne Druck" gefällt werde, da es sonst oft nur eine erneute Re-Migration nach Österreich die Folge sei, sagte Wachter. Abraten würde man von einer Rückkehr, wenn im Heimatland Gefährdung droht, bei Schwangeren oder bei Krankheiten, wenn medizinische Betreuung nicht gewährleistet scheint. Dass Klienten manchmal trotz widriger Umstände dennoch nach Hause wollen, komme oft daher, "dass der Faktor Familie und Heimat für Einzelne wichtiger ist als sie dies zuvor eingeschätzt hatten".
Falsche Hoffnungen korrigieren, Perspektiven geben
Bei der Caritas ist die Rückkehrberatung in den vergangenen Jahren im Zuge der Migrationsbewegungen ausgebaut worden; in sieben Bundesländern - allen außer Burgenland und Kärnten - sind 20 Berater dafür tätig. Um ein neues Angebot handle es sich dabei nicht, vielmehr um einen lange bestehenden Fixbestandteil der Caritas-Flüchtlingshilfe, betonte der Generalsekretär. Auch sei die Tätigkeit, die mit Ende der Balkankriege in den 1990er-Jahren begann, heute nicht mehr von Spenden, sondern von der öffentlichen Hand getragen. "Von Seiten des Staates gibt es große Wertschätzung dafür, wie dieser Dienst ausgeführt wird", sagte Wachter.
Teil der Caritas-Beratung ist ein Perspektivengespräch, "bei dem auch falsche Erwartungen korrigiert werden müssen", erklärte Wachter. Es werde hier auch darüber aufgeklärt, was ohne freier Entscheidung unter Zwang passiere. Schließlich gelte: "Ein Mensch, der in seiner Heimat aufrecht aus dem Flugzeug aussteigt, hat eine andere Akzeptanz als jemand, der in Handschellen und in Polizeibegleitung den Behörden übergeben wird." In der Beratung kann auch der Flug gebucht, ein kleines Startkapital ausbezahlt und als Hilfe für den erneuten Aufbau einer Lebensgrundlage je nach Möglichkeit an ein Reintergrationsprojekt in der Heimat vermittelt werden, verknüpft oft mit Schulungs- und Bildungsangeboten bei Caritas-Partnern vor Ort.
Für das Ziel einer Reintegration hat die Caritas mit Jahresbeginn ein eigenes Projekt gestartet, das sich in erster Linie an besonders schutzbedürftige Menschen richtet. Kofinanziert wird es - wie auch die Rückkehrberatung an sich - vom Innenministerium und dem europäischen Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds. Der Ausbau der begrenzten Plätze wäre notwendig, so Wachters Forderung - "mit Blick auf den großen Bedarf einerseits und den Beitrag zur Erhöhung der Nachhaltigkeit der freiwilligen Rückkehr andererseits". In manchen Ländern wie etwa Syrien sei die Reintegration aufgrund der aktuellen Situation allerdings nicht möglich, so der Caritas-Generalsekretär.
"Positives Signal" des Kanzlers
Erfreut zeigte sich Wachter über jüngste Äußerungen von Bundeskanzler Christian Kern über den Beitrag der Kirchen in der Flüchtlingshilfe. Es sei dies ein "positive Signal für alle freiwilligen und hauptamtlichen Mitarbeiter" und eine "Wertschätzung für die Arbeit in vielen Pfarren, Orden und kirchlichen Einrichtungen", bei denen die Caritas in vielen Fällen auch ein wichtiger gewesen sei. Erst recht mit der Zuspitzung der Situation 2015 sei hier "wahnsinnig viel geleistet" worden, "vor allem in schwierigen Phasen", so Wachter, und weiter: "Ohne den Pfarren wäre vieles in Österreich nicht gegangen."
Kern hatte am Dienstag im Anschluss an ein Treffen mit den Vertretern aller anerkannten Religionsgemeinschaften diesen vor Journalisten ausdrücklich "für ihr soziales, humanitäres Engagement" gedankt. Besonders hob er den Beitrag bei der Flüchtlingsbetreuung hervor: "Die vielen tausenden Freiwilligen haben hier tatsächlich Unschätzbares geleistet. Ich bin davon überzeugt, dass die staatlichen Institutionen bei weitem nicht diese Aufgabe so gut absolvieren hätten können, ohne diesen ganz entscheidenden Beitrag", so der Bundeskanzler.
Dahingehend äußerte sich im selben Rahmen auch Kultus-Staatssekretärin Muna Duzdar: Gerade die kirchlichen Hilfseinrichtungen hätten "sehr unter Beweis gestellt, dass Solidarität für sie nicht nur eine leere Phrase ist, sondern dass sie das im Grunde genommen auch tagtäglich leben in ihrem sozialen Engagement". "Große Kooperationen" habe es dazu in jüngster Vergangenheit gegeben. "Gerade was den Integrationsbereich anbelangt, haben wir in den Vertretern der Religionsgesellschaften eine große Unterstützung", betonte die Staatssekretärin.
Quelle: kathpress