Schönborn: Religiöse Vielfalt tut Österreich gut
Vielfalt - auch religiöse - schadet Österreich nicht, sondern tut dem Land gut. Das betonte Kardinal Christoph Schönborn im Anschluss an einen interreligiösen Dialog, zu dem Bundeskanzler Christian Kern und Staatssekretärin Muna Duzdar am Dienstag Vertreter aller in Österreich anerkannten Religionsgemeinschaften ins Bundeskanzleramt eingeladen hatten. Andere Länder würden Österreich um das positive Klima zwischen den Religionen beneiden, dieses dürfe nicht gefährdet werden, appellierte der Wiener Erzbischof. Kritische Anfragen aneinander müssten erlaubt sein, aber es sei problematisch, wenn Religionen - wie derzeit vielfach der Islam - "pauschal schlecht gemacht" würden.
Kardinal Schönborn verwahrte sich dagegen, Muslime mit Islamisten gleichzusetzen. Es gebe viele Menschen islamischen Glaubens im Land, die den auch der österreichischen Tradition entsprechenden Weg des respektvollen Miteinanders mitgehen wollen. Schönborn appellierte auch an die Medien, sich auch bei unleugbaren Problemen um eine differenzierte Betrachtung zu bemühen.
Statement von Kardinal Schönborn
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Der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz war wie auch Generalsekretär Peter Schipka als Vertreter der römisch-katholischen Kirche bei dem interreligiösen Dialog dabei; anwesend waren auch der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker, der griechisch-orthodoxe Metropolit Arsenios (Kardamakis) sowie Vertreter weiterer christlicher Kirchen, der Islamischen und der Alevitischen Glaubensgemeinschaft, der Israelitischen Kultusgemeinde, der Buddhisten u.a. Bundeskanzler Kern griff den unter seinem Vorgänger Werner Faymann institutionalisierten Dialog zwischen den Vertretern der Regierung und der Religionsgemeinschaften wieder auf und folgte damit auch einer Aufforderung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich zum Jahreswechsel.
Der damalige Mitinitiator Kardinal Schönborn hob nach der zweistündigen Gesprächsrunde in seinem Statement vor der Presse besonders die interreligiöse Zusammenarbeit im Bildungsbereich hervor. Die Kirchlich-Pädagogische Hochschule KPH Wien/Krems werde ökumenisch geführt und kooperiere auch mit dem Judentum und Islam in Österreich beim Ziel, Religions- und andere Lehrer für den Pflichtschulbereich auszubilden. Dies sei getragen vom Anliegen, Religion "nicht als Konflikt-, sondern als Integrationsfaktor" zu nützen.
Kern: Muslime haben Rechte und Pflichten
Kanzler Kern würdigte in seinem Statement vor der Presse nach der Begegnung mit der Religionsvertretern den Beitrag der Glaubensgemeinschaften zu einem friedvollen Miteinander in der Gesellschaft, gerade im sozial-humanitären Bereich - etwa in der Betreuung von Flüchtlingen - könne man deren Engagement "gar nicht hoch genug einschätzen".
Sorge bereite ihm, so Kern, die zunehmende Islam-Feindlichkeit im Land, die am Dienstag durch das Integrationsbarometer belegt wurde. Dies führe zur Frage, wie es dazu kommen konnte; die 600.000 Muslime in Österreich seien ein "wichtiger Teil der Gesellschaft", die man nicht als "Bürger zweiter Klasse" in ein Eck stellen dürfe. Freilich sind nach den Worten des Kanzlers auch die Muslime selbst gefordert dazu beizutragen, dass nicht Ressentiments und Vorurteile geschürt werden. In diesem Zusammenhang bekannte er sich zu dem von seinem Kabinett beschlossenen Burkaverbot, denn Verhüllung mache es Frauen unmöglich, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.
Zugleich erteilte Kern Vorstößen für eine Verbannung religiöser Symbole aus den Gerichtssälen - zuletzt hatten dies die Richtervereinigung sowie die NEOS verlangt - eine Absage: Schon jetzt gebe es Bekleidungsvorschriften, "die Debatte sollte hier Halt machen".
Scharf verurteilte Kern extremistische Tendenzen im Islam wie etwa den Salafismus, den er für eine "faschistische Ideologie" halte. Auch vom derzeitigen türkischen "Regime" und dessen "Weg in eine Diktatur" grenzte er sich ab; das sei keine "antitürkische Politik" und erst recht keine, die sich gegen Österreicher mit türkischen Wurzeln richte. Aber - so der Bundeskanzler wörtlich im Blick auf die diskutierte Neufassung des Versammlungsgesetzes - "wenn demokratische Rechte genützt werden, um in anderen Ländern die Demokratie abzuschaffen, dann ist für mich der Punkt gekommen, dass ich das nicht mehr akzeptieren kann". Kern zitierte dazu den Philosophen Karl Popper, der erklärte hatte, man habe im Namen der Toleranz das Recht, Intoleranz nicht zu tolerieren.
Kern bekannte sich zu Toleranz und Respekt als "Bauprinzipien" auch des Verhältnisses von Staat und Religionen. Klar sei, dass die Religionsfreiheit gesichert sein müsse, ebenso müsse gelten, dass Religion nicht über staatlichen Gesetzen stehen darf.
Duzdar: "Starke Bündnispartner"
Dankbar dafür, dass mit dem "sehr guten und sehr offenen" Dialog im Bundeskanzleramt eine bewährte Tradition fortgesetzt wurde, äußerte sich Staatssekretärin Muna Duzdar. Sie habe seit ihrem Amtsantritt den Kontakt mit verschiedenen Religionsgemeinschaften gesucht und setze auf sie als "starke Bündnispartner" beim Verfolgen des Ziels, Hass und Ausgrenzung in der Gesellschaft zurückzudrängen. Angesichts wachsender Polarisierung sei der gemeinsame Einsatz für Solidarität und Zusammenhalt notwendig, dies geschehe etwa auch bei der von ihr betriebenen Initiative gegen Hass im Netz.
Auch Duzdar lobte das Engagement der Kirchen und Religionsgemeinschaften im Bereich Flüchtlinge und Integration: Hier zeige sich, dass die Hilfsbereitschaft der Kirchen "keine leere Phrase" sei.
Quelle: kathpress